Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 29.03.2019

„verrückt, aber auch berlintypisch“ nannte der Theatermacher Christian Leonard einmal seine Pläne für eine Bühne wie aus Shakespeares Zeiten. Als in Schwäbisch Hall ein rundes „Globe Theatre“ aus Holz und Stahl abgerissen werden sollte, ließen er und ein Geschäftspartner das Gebäude zerlegen und einlagern. Wieder auferstehen soll das Theater auf einem bisherigen Lagerplatz des bezirklichen Sportamts an der Sömmeringstraße. „Ich habe 20 Jahre lang geplant, ein Globe Theatre zu bauen“, sagt Leonard. 1999 war er der Gründer der Shakespeare Company Berlin.

Doch nachdem wir vor zwei Wochen gemeldet hatten, diese wolle das Theater bauen, folgte ein Dementi: „Die Shakespeare Company Berlin  hat nichts mit diesem Bauvorhaben zu tun und möchte sich deutlich davon distanzieren“, schrieb uns Katharina Kwaschik, die dem Vorstand angehört.

Was geht da vor und wie geht das Kulturprojekt weiter? Auf Nachfrage bei Leonard und Kwaschik stellte sich heraus, dass man seit dem vorigen Jahr getrennte Wege geht. Leonard ist nicht mehr der künstlerische Leiter der Shakespeare Company. Darüber hinaus hätten „Verhandlungen mit dem im Entstehen begriffenen Globe Theatre in Berlin kein Ergebnis gezeitigt, das unserem Selbstverständnis gerecht geworden wäre“, teilte Kwaschik mit. Das klingt nach einem Zerwürfnis, doch Leonard widerspricht: Der Theaterverein habe sich nur „zu einer basisdemokratischen Organisation“ entwickelt und entschieden, doch lieber die jetzige Spielstätte im Naturpark Schöneberger Südgelände zu behalten. Trotzdem will Leonard seinen Ex-Kollegen gelegentliche Gastspiele in der künftigen Charlottenburger Bühne anbieten.

Ein neues Ensemble soll das Globe Theatre bespielen. „Wir konnten uns vor Bewerbungen kaum retten“, sagt Leonard, der von einem kleinen Leitungsteam unterstützt wird. Etwa 100 Schauspieler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hätten sich beworben. Davon seien 16 ausgewählt worden. Anfang Juni soll es zunächst in einer provisorischen Holzbühne mit 300 Plätzen losgehen. Das doppelt so große Globe Theater will Leonard möglichst noch in diesem Jahr wieder zusammenbauen lassen und eröffnen. Noch läuft dafür ein Bebauungsplanverfahren. Die Berliner Lottostiftung will das Projekt mit rund einer Million Euro fördern.

Auf dem ersten Spielplan stehen beispielsweise Shakespeares „Romeo und Julia“, Abende über Bertolt Brecht, „Nach dem Kuss“ von Oliver Bukowski oder Platons „Phaidon“. Neben klassischen Theaterstücken soll es „Wortkunst und Weltmusik, Dichtung und Musik“ geben.

Die Bezirkspolitiker, allen voran Kulturstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) loben die kulturelle Bereicherung des Kiezes auf der Mierendorff-Insel. Manche Anwohner befürchten allerdings Verkehrsprobleme und einen Parkplatzmangel. Leonard beruhigt: Gleich vor der Tür gebe es eine Bushaltestelle, außerdem lägen die U-Bahnhöfe Richard-Wagner-Platz und Mierendorffplatz in „fußläufiger Entfernung“. Darüber hinaus fragt Leonard: „Zu welchem Berliner Theater fährt man mit dem Auto?“ Schließlich habe kaum eine Bühne einen eigenen Parkplatz.

Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an leute-c.dobberke@tagesspiegel.de