Intro
von Cay Dobberke
Veröffentlicht am 02.08.2019
am Montag beginnt das neue Schuljahr – doch der Weg zur Schule bleibt für viele Kinder und Jugendliche gefährlich. Auch das Pilotprojekt „Sicherer Schulweg“ verzögert sich. Damit wollte die SPD-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf eine temporäre Sperrung von Schulstraßen testen. Eltern sollten davon abgehalten werden, ihre Kinder mit dem Auto bis vor das Schultor zu fahren. Solche „Elterntaxis“ führen oft zum Verkehrschaos, das manchmal auch andere Schüler ins Gefahr bringt.
Bereits im Januar hatte die SPD-Fraktion in der BVV beantragt, einen Teil der Nehringstraße vor dem Unterrichtsbeginn und zum Schulschluss der Nehring-Grundschule je eine Dreiviertelstunde lang für Kraftfahrzeuge zu sperren. Eltern könnten an den Rändern der autofreien Zone kurz an „Kiss-and-Go“-Haltestellen stoppen, hieß es. Die Umsetzung ist vorerst gescheitert. Der SPD-Bezirksverordnete Martin Burth sagt, der für Verkehr zuständige Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) habe sich „eher skeptisch“ gezeigt, „weil unter anderem erheblicher Abstimmungsbedarf mit Polizei und Landesverwaltung erforderlich sei“. Zudem habe sich „ausgerechnet der Schulausschuss“ vor der BVV-Sommerpause nicht in der Lage gesehen, über den Antrag abzustimmen. Vielleicht könne das Pilotprojekt im Laufe des Schuljahres starten. Andernfalls müsse man „bis zur Einschulung 2020 warten“.
Zahlreiche Leser haben uns gefährliche Stellen genannt. Darum hatte meine Tagesspiegel-Kollegin Sigrid Kneist schon vor den Ferien in ihrem Leute-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg gebeten. Die meisten Antworten kamen aber aus Charlottenburg-Wilmersdorf – weil Elternvertreter den Aufruf hier stark verbreiteten.
Besonders viele Beschwerden stammen von Eltern, deren Kinder die Carl-Orff-Grundschule an der Berkaer Straße in Schmargendorf besuchen. So warnt Brita Andersen vor der „sehr gefährlichen Kreuzung“ am Berkaer Platz, wo der Verkehr aus fünf Richtungen komme. „Ich habe seit sieben Jahren Kinder auf der Schule, und es ist ein Wunder, dass bisher keine schlimmen Unfälle passiert sind.“ Sandra Zielke fügt hinzu: „Unsere Bestrebungen, dort einen Zebrastreifen einzurichten, sind aus Denkmalschutzgründen abgelehnt worden, da es nicht zum historischen Gebäude des Rathauses Schmargendorf passt.“ Ihre Kinder seien aber auch in der Rheinbabenallee gefährdet, wo starker Verkehr herrsche und die Autos „viel zu schnell unterwegs“ seien.
Yvonne Huber beklagt, die Ampel vor der Carl-Orff-Grundschule werde von vielen Fahrern „nicht wahrgenommen“. Als Fußgänger sei ihr Lebensgefährte dort „schon zwei Mal fast überfahren worden“. Für Claudine Seidel „sind die Gefahrenpunkte die Eltern, die Ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Da wird rücksichtslos geparkt, in der Einfahrt, bei den Fußgängerüberwegen, an den Ecken der Straße, kurz vor der Ampel“.
Roland Thieme macht auf Probleme in der Wilhelmsaue aufmerksam. Dort gibt es zwei Kitas, einen Spielplatz auf der Mittelinsel und einen Hort der Comenius-Schule. „Die Einbahnstraße wird auf beiden Seiten ,beparkt‘, so dass die Fahrbahn sehr schmal wird.“ Trotzdem werde in der Tempo-30-Zone viel gerast, weil Autofahrer die Straße „immer wieder als Abkürzung zwischen Uhlandstraße und Bundesallee missbrauchen“. Thieme schlägt vor, Bodenwellen auf der Fahrbahn zu verlegen.
Familie Pust warnt vor der „sehr kurzen Ampelschaltung für die Fußgänger“ an der großen Kreuzung zwischen der Blissestraße, der Berliner und der Brandenburgischen Straße. „Selbst einem Erwachsenen ist es nicht möglich, die Straße zu überqueren, ohne bei Rot zu laufen. Kinder stehen somit also immer auf der zu schmalen und gefährlichen Mittelinsel.“
Anna Wachter kritisiert: „Von der Berliner Straße kommend müssen die Schüler auf dem Weg zur Comenius-Schule die Sigmaringer Straße an ihrer Einmündung zur Brandenburgischen Straße überqueren. Diese Stelle ist sehr unübersichtlich und durch viele Eltern, die ihre Kinder zur Schule fahren, auch viel befahren. Es gibt keinen Überweg und keine Ampel. Kurz davor müssen die Kinder die Berliner Straße an einer Ampel überqueren. Diese ist so ungünstig geschaltet, dass immer nur die Hälfte bei Grün zu schaffen ist und auf der Verkehrsinsel erneut gewartet werden muss.“ Wenigstens zwischen 7.40 und 8 Uhr solle es für Fußgänger länger Grün geben, findet Anna Wachter.
Auch Anja Tessmer ärgert sich über Ampelschaltungen – allerdings am Theodor-Heuss-Platz. In der Umgebung gibt es mehrere Schulen, darunter die Katholische Schule Liebfrauen. Auf dem Weg zum Eingang des U-Bahnhofs „finden oftmals gar nicht alle Schüler auf der kleinen Mittelinsel Platz, wenn die Fußgängerampel auf Rot schaltet“. Trotz „Nachfrage und Hinweis auf die Gefahren“ sei die Grünphase nicht verlängert worden.
Jan Winkler fordert, einen Grünpfeil zu demontieren, der Fahrern in der Herbartstraße auch bei roter Ampel das Rechtsabbiegen in die Neue Kantstraße erlaubt. Dies führe dazu, dass „die Autos nach einem mehr oder weniger langen Halt an der Haltelinie bis zur Sichtlinie vorfahren und damit den Fußgängerüberweg – der Grün hat – versperren, weil die Neue Kantstraße hier regelmäßig so dicht und schnell befahren ist, dass ein Einbiegen sowieso erst möglich wird, wenn die Ampel umspringt“.
Weitere unsichere Schulwege können Sie uns gerne per E-Mail melden.
Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de