Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 13.09.2019

plötzlich schließt ein privates Gymnasium. Und die 80 Oberschüler, deren Unterricht schon seit dem Schuljahresbeginn ausgefallen war, sowie die Eltern erfahren davon erst am letzten Tag. Um den merkwürdigen Niedergang des Galileo-Gymnasiums an der Schlangenbader Straße ging es am Donnerstagabend in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf. Bildungsstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) beantwortete Fragen der Grünen-Bezirksverordneten Susan Drews, die zu den betroffenen Müttern gehört.

Der erste Akt des Dramas begann, als die Sommerferien endeten: Die Schulleitung entdeckte in den angemieteten Räumen einen großen Wasserschaden, der auf ein geplatztes Rohr zurückging. Das Wasser stand in drei Klassenzimmern und setzte auch Asbest frei, das zuvor im Mauerwerk gebunden war. Die ganze Schule wurde gesperrt. Laut Heike Schmitt-Schmelz informierte der Leiter des Gymnasiums das Schulamt erst fast drei Wochen später am 22. August.

Seit knapp zwei Jahren führte die Semper Gruppe aus Dresden das Gymnasium. Ursprünglich war es 2011 von engagierten Eltern um einen Manager der Deutschen Bahn gegründet worden, unter anderem, um gezielt Hochbegabte zu fördern.

Die Suche nach Ersatzräumen sei die Aufgabe des Trägers gewesen, betont Schmitt-Schmelz. Trotzdem habe das Amt ebenfalls Alternativen geprüft, bis sich der Schulleiter wieder meldete und ankündigte, ab dem 9. September würden neue Räume angemietet. Dazu kam es aber nicht mehr.

Am vorigen Mittwoch erfuhr das Bezirksamt von der Schulaufsicht der Senatsbildungsverwaltung, dass ein möglicher Trägerwechsel gescheitert ist. Die Semper-Gruppe hatte mit der Montessori-Stiftung verhandelt. Ebenfalls am Mittwoch teilte der Direktor den Eltern mit, sie müssten ihre Kinder andernorts unterbringen. Einige Mütter und Väter hatten dies vorher schon getan. Am kommenden Montag läuft eine von der Schulaufsicht gesetzte Frist zur Wiederaufnahme des Unterrichts aus. Nun stehen 29 der Gymnasiasten auf einer Liste für nötige Ersatzschulplätze. „Ich bin optimistisch, zeitnah alle Schüler und Schülerinnen versorgen zu können“, sagt Stadträtin Schmitt-Schmelz.

Wie kam es es zum Aus? Susan Drews glaubt, dass sich der Betrieb „einfach nicht gerechnet hat“. Sie bedauert die Entwicklung, weil sich das Galileo-Gymnasium beispielsweise durch kleine Klassengrößen ausgezeichnet habe. Die Semper-Gruppe bereitet dem Vernehmen nach eine Presseerklärung zur Schließung vor.

Um Schulen, genauer gesagt um sichere Wege dorthin, geht es auch in einigen BVV-Anträgen der SPD-Fraktion. Wie berichtet, schließt sie sich Beschwerden über gefährliche Straßen und Kreuzungen an, die wir in einer Serie aus Leserbriefen benannt haben. Darüber sollen nun zunächst die Ausschüsse der BVV beraten. Auch fast alle Anträge zu verschiedensten anderen Themen wurden in die Ausschüsse überwiesen, weil die Fraktionen noch ausführlich über den Bezirkshaushalt 2020/2021 debattieren wollten.

Eine breite Mehrheit aus den Fraktionen der SPD, Grünen, Linken und CDU stimmte dem Etat zu. Insgesamt stehen rund drei Millionen Euro mehr zur Verfügung als im vorigen Haushalt. Zusätzliche Mittel gibt es beispielsweise für den Klimaschutz, die Umsetzung von Milieuschutzgebieten, die Grünpflege, die Obdachlosenhilfe und die Jugendarbeit in Freizeitstätten. Die Stellenzahl des Ordnungsamts wird erhöht, damit das Personal wirksamer gegen Verkehrsgefährdungen durch Falschparker vorgehen kann. Die Einbeziehung der Bürger in die Bezirkspolitik will man durch ein neues „Beteiligungsbüro“ verbessern. Die Stadtbibliothek bekommt einen höheren Betrag für den Kauf neuer Bücher und anderer Medien.

Die FDP kritisierte, ihre Vorschläge seien während der Haushaltsberatungen in den Ausschüssen alle abgelehnt worden. Die Fraktion hatte unter anderem gefordert, dem Standesamt mehr Personal zuzubilligen, um „Hochzeiten am Samstag zu ermöglichen“, die überlastete Untere Denkmalschutzbehörde zu verstärken sowie das Zentrale Bewerberbüro des Bezirks zu vergrößern, „um der Personalnot entgegen zu wirken“. Auch Webcam-Übertragungen aus der BVV und eine „Social Media-Stelle“ für „moderne Öffentlichkeitsarbeit im Bezirk“ stehen auf der Liste abgelehnter FDP-Anträge. Nicht zuletzt wollte die Fraktion außerdem einen Zuschuss für die Weihnachtsbeleuchtung in der City West erreichen (über deren aktuelle Gefährdung können Sie weiter unten in unserer Rubrik „Kiezgespräch“ mehr lesen).

Bereits am kommenden Donnerstag ab 17 Uhr tagt die BVV erneut. In der Sondersitzung will man einige Große Anfragen abarbeiten, die das Bezirksamt noch nicht beantwortet hat.

Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de