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von Cay Dobberke
Veröffentlicht am 23.01.2020
die Einwohnerfragestunde in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) verläuft längst nicht mehr so, wie sie ursprünglich einmal gedacht war. Eigentlich sollen Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und die Stadträte in den Sitzungen auf Eingaben antworten, die vorab schriftlich gestellt wurden. Aber nur wenige Bürger nehmen noch an den Sitzungen teil. Zuletzt fiel der Tagesordnungspunkt sogar aus, weil keiner der fünf Fragesteller anwesend war. Stattdessen hatten sich alle eine schriftliche Beantwortung gewünscht, die eigentlich nur eine zusätzliche Option sein soll. Jetzt gibt es Meinungsverschiedenheiten über den weiteren Umgang damit.
Das Bezirksamt will „ab sofort“ nur noch Bürgern antworten, die an den monatlichen BVV-Sitzungen teilnehmen. So steht es in einem Brief, den Bürgermeister Naumann an BVV-Vorsteherin Annegret Hansen (SPD) gesandt hat. Die „neuerdings als selbstverständlich vorausgesetzte“ Schriftform entspreche „nicht mehr der im Bezirksverwaltungsgesetz verankerten Intention der unmittelbaren Begegnung zwischen Bürgerschaft und Kommunalpolitik“ mit einer „direkten mündlichen Beantwortung einschließlich eventueller Nachfrage“.
Vielmehr entstehe ein „Parallelinstrument“ zu der ohnehin bestehenden Möglichkeit, sich direkt an die Verwaltung und die Stadträte zu wenden, schrieb Naumann. Damit werde das Bezirksamt „zusätzlich belastet“. Ein rein schriftlicher Austausch widerspreche auch den Interessen aller Einwohner, die sich „aktiv in die Debatten einbringen wollen“.
Die Neuregelung stößt auf Widerstand in der BVV. Am Donnerstagabend tagte deren Geschäftsordnungsausschuss. Danach sagte der Ausschussvorsitzende und FDP-Fraktionschef Felix Recke dem Tagesspiegel: „Der Ausschuss war sich einig, dass wir das Vorgehen des Bezirksamts, ohne vorherige Rücksprache mit der BVV, für unangemessen halten. Es führte zu Irritationen, dass sich das Bezirksamt hier auf seine Rechtsposition zurückzieht und damit nun offen den Konflikt mit der BVV und der Bürgerschaft sucht.“
Laut Recke bedauerten zwar alle Fraktionen, dass die Einwohner nicht mehr regelmäßig ins Rathaus Charlottenburg kommen, trotzdem wolle man aber „am Instrument der schriftlichen Beantwortung festhalten“ – unter anderem, weil in den Auskünften mitunter viele Daten und Zahlen enthalten seien. Außerdem laufe speziell der Verweis des Bezirksamts auf die Alternative, die Büros der Stadträte zu kontaktieren, „oft ins Leere“. Erfahrungsgemäß müssten viele Bürger bei dieser Methode „monatelang auf Beantwortungen warten“. Recke kündigt an, das Bezirksamt „über unsere Position zu informieren“ und dessen Mitglieder voraussichtlich im März zu einer Sondersitzung des Geschäftsordnungsausschusses einzuladen.
Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de