Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 01.05.2020

seit dieser Woche haben Oberschulen wieder geöffnet, um Zehntklässler zu unterrichten. Andere Jahrgänge sollen ab der kommenden Woche schrittweise in die Klassenzimmer zurückkehren. Doch schon jetzt gibt es Ärger um die Zustände in Zeiten der Corona-Krise. Das Bezirksamt lasse die Schulen „bei der Umsetzung der Maßnahmen zum Infektionsschutz allein“, findet (nicht nur) der Bezirkselternausschuss (BEA) Charlottenburg-Wilmersdorf.

Beispielsweise habe die Friedensburg-Oberschule den Unterricht für vier Klassen der Staatlichen Europa-Schule Berlin am Dienstag absagen müssen, kritisieren die Elternvertreter. „Die beim Bezirksamt angeforderte notwendige Mittagsreinigung fand nicht statt.“ Die Schule habe vergeblich auf Reinigungspersonal gewartet und im Bezirksamt keine zuständige Person erreichen können. Auch die tägliche Reinigung vor dem morgendlichen Unterrichtsbeginn sei „nur in Teilen“ erfolgt. Um die Toiletten in einem Gebäudeteil habe sich offenbar niemand gekümmert.

Wegen fehlender Reinigungskräfte in der Robert-Jungk-Oberschule reinigten Lehrer das Gebäude am Montag selbst. In der Paula-Fürst-Schule sei das Reinigungspersonal in dieser Woche „freiwillig und unbezahlt angerückt“, um einen Unterrichtsabbruch zu vermeiden, heißt es im Schreiben der BEA-Vorstandsmitglieder Andreas Ritter und Constantin Saß. Sie erinnern daran, dass die BVV bereits vor der Corona-Krise – nämlich im Februar – einem Einwohnerantrag zugestimmt hatte, in dem die Initiative „Schule in Not“ eine nasse Tagesreinigung der Schulen forderte.

Der CDU-Schulpolitiker Simon Hertel wirft dem Berliner Senat und Bezirks-Bildungsstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) vor, sich die Verantwortung für das „Chaos“ gegenseitig zuzuschieben. Das Bezirksamt habe mitgeteilt, dass eine Reinigung mehrmals am Tag, wie sie der Musterhygieneplan der Senatsschulverwaltung vorsehe, „aus Kapazitätsgründen der Reinigungsfirmen nicht möglich sei“. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Stephanie Fest, nennt es „unverständlich, dass Beanstandungen und Anfragen von Schulen mit Bitte um Unterstützung bei der kurzfristigen Umsetzung des Musterhygieneplans vom Schulamt nicht beantwortet werden.“ Andere Bezirke gingen „mit gutem Beispiel voran“ und stellten Reinigungskräfte „den ganzen Tag über zur Verfügung“. Die Stadträtin war am Donnerstag und Freitag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Fast alle Spielplätze im Bezirk können seit Donnerstag wieder genutzt werden. Eltern und ihre Kinder sollen dabei die Abstandsregeln beachten. Wie gut das klappt, werden wir in den kommenden Tagen beobachten und darüber im nächsten Leute-Newsletter berichten. Wegen laufender Instandsetzungsarbeiten bleiben die Spielplätze an der Xantener Straße 3, an der Wielandstraße 10, am Kissinger Platz und an der Pariser Straße 10 vorerst noch geschlossen. Die Anlage auf dem Klausenerplatz ist weiterhin wegen Rattenbefalls gesperrt. Auf dem Karl-August-Platz stehen die Spielplätze sonnabends von 8 bis 14 Uhr nicht zur Verfügung. Dies liegt an neuen Regeln für den benachbarten Wochenmarkt, mit denen das Bezirksamt die Besucherströme besser steuern will.

In mehreren Parks sind Trimm-Dich-Pfade und „Senior*innenspielplätze“ mit Sportgeräten für individuelles Training wieder zugänglich. Bolzplätze gelten dagegen als Sportanlagen und werden nach Angaben des Bezirks „berlinweit noch nicht geöffnet“.

Der Zoo hat am Dienstag aufgemacht, wenn auch mit Einschränkungen. 2000 Besucher dürfen gleichzeitig hinein. Es gibt Vor- und Nachmittagsgruppen, sodass täglich bis zu 4000 Besucher eingelassen werden. Tickets gibt es nur online. Ermäßigte Karten sind derzeit nicht im Angebot, weil der Zoo noch nicht klären konnte, wie Käufer ihre Ansprüche auf die Rabatte nachweisen sollen. „Wir bemühen uns um eine Lösung“, sagte Sprecherin Philine Hachmeister. Die Tierhäuser, die Streichelgehege und das Aquarium bleiben geschlossen. Mehr zum Thema können Sie auf tagesspiegel.de lesen.

Bibliotheken wollen die Ausleihe und Rückgabe „physischer Medien“ ab dem 11. Mai ermöglichen. Abhängig von den jeweiligen räumlichen Bedingungen soll es „reine Ausgabeschalter“ oder „eine Art Selbstausleihe geben“, wie  der Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) ankündigt. Das Stöbern in Regalen oder die Lektüre in Lese-Ecken bleibt vorerst tabu. Die Online-Angebote des VÖBB sind derzeit mit einem kostenlosen „digitalen Bibliotheksausweis“ nutzbar, der drei Monate lang gültig ist. Nach dem 11. Mai wird er nicht mehr angeboten.

Der islamistische und israelfeindliche „Al Quds-Marsch“ auf dem Kurfürstendamm, der für den 16. Mai angekündigt war, ist von den Veranstaltern abgesagt worden. Innensenator Andreas Geisel (SPD) twitterte dazu: „Eine der widerlichsten antisemitischen Veranstaltungen bleibt uns allen erspart. Eine gute Nachricht für Berlin.“ Die Absage erfolgte am Donnerstag. Unklar blieb, ob die Veranstalter damit auf das deutschlandweite Verbot der islamistischen Organisation Hisbollah am selben Tag reagierten oder ob die Kundgebung wegen der eingeschränkten Demonstrationsfreiheit während der Corona-Krise ausfällt.

Karstadt am Kurfürstendamm wird wohl bald wieder vollständig öffnen. Zuvor hatte das KaDeWe am Schöneberger Wittenbergplatz gerichtlich durchgesetzt, dass auf es auf der gesamten Fläche verkaufen darf und nicht nur auf 800 Quadratmetern, wie es der Berliner Senat für den Einzelhandel vorgeschrieben hatte. In einem Eilentscheid kritisierte das Verwaltungsgericht eine Ungleichbehandlung. Anders als Kaufhäuser hätten Einkaufszentren bereits komplett öffnen dürfen, weil das 800-Quadratmeter-Maß dort für jedes einzelne Geschäft gelte. Das KaDeWe macht ab der kommenden Woche alle Etagen auf. Der Gerichtsbeschluss gilt für sämtliche Kaufhäuser der Signa-Gruppe, zu der auch Karstadt und Kaufhof gehören. Wann Karstadt am Ku’damm seinen Verkauf ausweitet, gab Signa noch nicht bekannt.

Restaurants müssen sich weiterhin auf Lieferdienste und Abholservices beschränken. Die FDP-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf fordert das Bezirksamt in einem Antrag für die nächste BVV-Sitzung am 28. Mai auf, „sich gegenüber den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die Außenbereiche von Gastronomen schnellstmöglich wieder geöffnet werden“. Außerdem solle in diesem Jahr keine Sondernutzungsgebühr für das öffentliche Straßenland erhoben werden.

Doppelt gelitten hat die Kneipe Zwiebelfisch am Savignyplatz. Sie musste nicht nur schließen, sondern brannte im März großenteils aus, nachdem Unbekannte nachts im Hof einen Stapel Altpapier angezündet hatten (wir berichteten). Nun bittet das Team um die Wirte Claudia Volmerhaus und Hartmut Volmerhaus schweren Herzens um Spenden. „Wir sind zum Betteln nicht geboren. Aber Corona und Brandstiftung ist zuviel“, heißt es auf der Webseite mit Hinweisen auf zwei Spendenkonten – eines für den Wiederaufbau und das andere zur Linderung der Krisenfolgen.

Die Corona-Notfallklinik in einer Halle des Messegeländes am Funkturm ist nach vierwöchigen Bauarbeiten fertig. Das teilte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit. Es gibt 500 Betten, von denen 100 mit Beatmungsgeräten ausgestattet sind. Bei Bedarf kann die Kapazität auf 1000 Betten aufgestockt werden. Das „Reservekrankenhaus“ soll nur genutzt werden, falls andere Kliniken keine Patienten mehr aufnehmen können.

Kirchen dürfen ab Montag kleinere Gottesdienste mit maximal 50 Menschen feiern. Diese müssen einen Abstand von mindestens 1,50 Meter zueinander einhalten und sich in Teilnehmerlisten eintragen. Die evangelische Landeskirche empfiehlt zusätzlich, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und einen größeren Abstand (mindestens zwei Meter) zu wahren. Um das Risiko einer Tröpfcheninfektion zu senken, rät sie vom gemeinsamen Abendmahl und vom Singen ab. Aus dem evangelischen Kirchenkreis Charlottenburg-Wilmersdorf heißt es, jede Gemeinde entscheide selbst darüber, ob Gottesdienste stattfinden. „Wir müssen nicht alles tun, was wir jetzt wieder tun dürften“, sagte Superintendent Carsten Bolz. Nach seinen Worten erwägen Kirchen im Bezirk unter anderem auch, Stühle statt Bänken aufzustellen und zusätzliche Türen als Ein- und Ausgänge zu öffnen. Auch „verschiedene Gottesdienstformate“ seien denkbar: „Vor allem in kleinen Kirchen könnten kürzere Andachten oder mehrere Gottesdienste am Tag mit jeweils deutlich weniger als 50 Teilnehmern stattfinden.“

Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de

+++
Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Charlottenburg-Wilmersdorf entnommen. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de

Mehr Themen aus dem Charlottenburg-Wilmersdorf-Newsletter:

  • Coronavirus-Update: Holpriger Schulstart, Spielplätze und Zoo geöffnet, Museen folgen bald, Kiezkneipe „Zwiebelfisch“ kämpft ums Überleben
  • Promi-Fotografin hat Geburtstag – ist aber nicht in Feierlaune
  • Mai-Demo als Autokorso
  • Mysteriöser Vorfall am Gedenkort auf dem Breitscheidplatz
  • Wie polnische Soldaten vor 75 Jahren in Charlottenburg kämpften
  • 100 Jahre Groß-Berlin