Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 05.03.2021

eine „überwältigende“ Spendenbereitschaft für Stolpersteine, die Opfern des Nationalsozialismus gewidmet sind, erfreut die Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf und die Initiative Bundesplatz. Hier im Newsletter hatten wir im November einen Aufruf veröffentlicht, mit dem Geldgeber für zusätzliche Gedenktafeln rund um den Bundesplatz gesucht wurden. Der Bürgerverein verteilte außerdem Flugblätter. Mitglieder haben die Schicksale von 17 Menschen erforscht, vor deren einstigen Wohnhäusern es noch keine Stolpersteine gibt. Im Dezember meldeten wir auch den Spendenaufruf von Anwohnern der Gieselerstraße, die zwölf weitere Stolpersteine verlegen lassen wollen.

30.000 Euro seien zusammengekommen, sagt die Kassenwartin der bezirklichen Stolpersteine-Initiative, Marianne Gaehtgens. Davon wurden mehr als 23.000 Euro als Beitrag zu den Plänen der Initiative Bundesplatz gekennzeichnet, wie uns deren Vorsitzende Birgitta Berhorst schrieb. Auf ein Unterkonto der Bezirkskasse, das beiden Spendensammlungen dient, seien kleine und große Beträge „von 5 bis 2000 Euro“ eingezahlt worden.

Die ersten neuen Stolpersteine könnten wohl im Mai verlegt werden, glaubt Marianne Gaehtgens. In welchem Rahmen dann Gedenkfeiern möglich sein werden, hänge von der Entwicklung der Corona-Pandemie ab. Gaehtgens und Berhorst haben uns gebeten, ihren herzlichen Dank an alle Spender:innen zu verbreiten. Die hohe Beteiligung „war nicht zu erwarten“ und zeige „das große Interesse der Berlinerinnen und Berliner an der Beschäftigung mit den ehemaligen Nachbarn, an deren Schicksal mit den Stolpersteinen erinnert wird“, sagt Birgitta Berhorst.

Das Finanzamt erkenne sämtliche Beträge bis zu 200 Euro als Spende an, wenn der Überweisungsbeleg eingereicht werde, heißt es. Wer eine Spendenquittung wünscht, soll eine E-Mail an stolpersteine-ini.chwi@gmx.de senden und die eigene Adresse nennen. Die Bezirkskasse hatte den Initiativen die Namen ohne Anschrift übermittelt. Marianne Gaehtgens bittet um „etwas Geduld“ bei den Quittungen, da „in unserer Initiative alle ehrenamtlich arbeiten“.

Normalerweise wird individuell für einen oder mehrere Stolpersteine gespendet. Viele davon, wenn auch nicht alle, verlegt der Künstler Gunter Demnig selbst. Er hat das Gedenkprojekt bereits 1992 ins Leben gerufen. Die quadratischen Messingtafeln werden in Gehwege vor Häusern eingelassen, in denen Juden und andere vom NS-Regime verfolgte Menschen bis zu ihrer Ermordung, Deportation, Flucht oder Selbsttötung gewohnt hatten.

Die Spenderzahl sei zu hoch, um die Steine einzelnen „Paten“ zuzuordnen, sagt Marianne Gaehtgens. Daher bittet sie die Geldgeber, das gesamte Ensemble als ihre gestiftete Gedenkstätte zu „adoptieren“. Am Bundesplatz sollen Stolpersteine vor den Häusern mit den Nummern 1, 4, 11, 15, 17 und 18 hinzukommen. Außerdem geht es um Tafeln am heutigen Spielplatz in der Gieselerstraße 23. Dort stand in der Nazizeit ein Wohnhaus mit jüdischen Bewohnern, die verschleppt und getötet wurden.

In der Zukunft könnten die Spender und andere Bürger die Steine putzen oder an besonderen Gedenktagen wie dem 9. November auch Blumen niederlegen und Kerzen hinstellen, sagt Marianne Gaehtgens. Sollte von dem Geld etwas übrig bleiben, hält es Birgitta Berhorst für möglich, damit beispielsweise auch Gedenkprojekte an Schulen im Bezirk zu fördern.

Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de