Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 16.06.2023

die CDU ist die stärkste politische Kraft in Charlottenburg-Wilmersdorf geworden, freut sich aber nicht einmütig darüber, sondern streitet parteiintern um Machtfragen. Vieles spricht dafür, dass es bei der Neuwahl des Kreisvorstands im Juli zu einer unfreundlichen Übernahme kommt.

Kreis-Chef Klaus-Dieter Gröhler – früher bekannt als Bundestagsabgeordneter, Bezirksstadtrat und Vize-Bürgermeister – hat wahrscheinlich keine Mehrheit mehr. Als Nachfolger ist der Gesundheits- und Jugendstadtrat und stellvertretende Bürgermeister Detlef Wagner im Gespräch.

Den ersten Konflikt gab es bald nach der Wiederholungswahl für die BVV im Februar. Die CDU erhielt 30,7 Prozent der Stimmen, die Grünen fielen auf Platz zwei zurück. Trotzdem vereinbarte die CDU mit ihnen, dass die grüne Bürgermeisterin Kirstin Bauch im Amt bleibt. Im Gegenzug erhielten die Christdemokraten vor allem das wichtige Stadtentwicklungsressort im Bezirksamt. Gröhler fand es unverständlich, dass seine Partei auf den Bürgermeisterposten verzichtet. Aber der Kreisvorstand überstimmte ihn mehrheitlich.

Ein für den 12. Juni geplanter CDU-Kreisparteitag wurde verschoben. Stattdessen fand am selben Tag eine Mitgliederversammlung mit mehr als 300 Teilnehmenden in der Aula des Schiller-Gymnasiums statt. Die Ortsverbände Charlottenburg, Grunewald-Halensee und Alt-Wilmersdorf hatten beantragt, das übliche „Delegiertenprinzip“ bei der Vorstandswahl durch eine Abstimmung unter allen rund 1800 Mitgliedern in Charlottenburg-Wilmersdorf zu ersetzen.

Dafür sprach sich auch die Berliner CDU-Abgeordnete Sandra Khalatbari aus. Sie gewann ihren Wahlkreis (Grunewald, Halensee, Preußenpark und Hohenzollerndamm) im vergangenen Februar als Direktkandidatin. Jetzt sagte sie dem Tagesspiegel, eine breitere Beteiligung bei der Kreisvorstandswahl hätte die „Transparenz“ gefördert und zu „mehr Offenheit und Ehrlichkeit“ geführt.

Der Vorstoß wurde jedoch abgelehnt. 162 CDU-Mitglieder stimmten dagegen und 152 dafür; hinzu kamen vier Stimmenthaltungen. Auf den ersten Blick überrascht es, dass einfache Parteimitglieder ihren Einfluss zugunsten von Delegierten beschränken. Stadtrat Wagner, der zu den Kritikern des Antrags gehörte, argumentierte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, es sei nicht allein um den Vorstand gegangen. Vielmehr wären auch Bezirksverordnete oder Stadträt:innen der CDU „befristet bis 2026“ von allen Mitgliedern im Bezirk gewählt worden. Dies hätte vieles komplizierter gemacht.

Zusätzlich gibt es eine zweite, personelle Ebene. Unterstützer von Gröhler sagen, eine Direktwahl hätte ihm bessere Chancen verschafft. Bei den Delegierten besitze hingegen Wagner eine Mehrheit. Diese basiert offenbar auf den Ortsverbänden Charlottenburg-Nord (den BVV-Vorsteherin Judith Stückler leitet), Westend (unter dem Vorsitz des Abgeordneten Ariturel Hack) und Gartenstadt Schmargendorf (geführt von der Abgeordneten Stefanie Bung).

Kommt es im Juli zum Showdown zwischen Wagner und Gröhler? Letzterer will noch nicht sagen, ob er für eine dritte Amtszeit als Kreisvorsitzender kandidiert. Er werde den Parteimitgliedern „rechtzeitig“ seine Entscheidung mitteilen, könne sie aber „nicht über den Tagesspiegel kommunizieren“.

Detlef Wagner hält sich bedeckt. Obwohl es als nahezu sicher gilt, dass er nominiert wird, möchte er der Diskussion in der CDU nach eigenen Worten „nicht vorgreifen“. Ähnlich zurückhaltend hatte Wagner zuvor auf unsere Frage reagiert, ob er 2026 das Amt des Bezirksbürgermeisters anstrebt. Das sprichwörtliche Pfeifen der Spatzen von den Dächern ist sehr laut. Doch öffentlich beteiligt sich Wagner lieber noch nicht daran.