Intro

von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 27.10.2023

vielleicht zum letzten Mal findet der thailändische Streetfood-Markt am kommenden Sonntag im Wilmersdorfer Preußenpark statt. Die diesjährige Saison endet – und künftig sollen die Verkaufsstände andernorts in der Nähe stehen. Die Verlagerung ist das erklärte Ziel des Charlottenburg-Wilmersdorfer Umweltstadtrats Oliver Schruoffeneger (Grüne) und der schwarz-grünen Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung.

Für die Erhaltung des Markts am bisherigen Ort demonstrieren am Sonntag der SPD-Kreisverband und der Thailändische Verein in Berlin, der den Betrieb seit dem August 2021 führt. Die Kundgebung beginnt um 13 Uhr auf dem Gehweg der Brandenburgischen Straße.

Im Demo-Aufruf steht, ein zwangsweiser Umzug widerspreche „beschlossenen Konzepten, die durch aufwändige Bürgerbeteiligungsverfahren entstanden sind“. Für die geplante Umgestaltung des Preußenparks habe der Bund einige Millionen Euro bewilligt. Das ursprüngliche Konzept sah den Bau eines Multifunktionsgebäudes vor, in dem es öffentliche Toiletten und ein Lager für die Imbiss-Stände geben sollte. Eine hölzerne Plattform am Rand der zentralen Wiese war als Koch- und Verkaufsfläche gedacht.

Die Online-Petition „Rettet den Berliner Thai-Markt im Preußenpark“ des Thailändischen Vereins hat bisher mehr als 24.300 Unterstützer:innen gefunden. Zusätzlich wurden etwa 10.000 Unterschriften an den Verkaufsständen gesammelt.

Wohin könnte der Markt umziehen? Die erste Idee von Stadtrat Schruoffeneger lautete, den östlichen Fahrbahnteil der Brandenburgischen Straße während der Marktzeiten am Freitag, Sonnabend und Sonntag für den Verkehr zu sperren. Ob die Berliner Verkehrsverwaltung unter Senatorin Manja Schreiner (CDU) zustimmen würde, scheint fraglich.

Die bezirkliche CDU-Fraktion favorisiert das Gelände des Trödelmarkts am Fehrbelliner Platz, das bei der Neugestaltung des Preußenparks vergrößert werden soll, oder den Vorplatz des früheren Rathauses Wilmersdorf, wo bereits ein Streetfood-Markt existiert. Stadtrat Schruoffeneger sagte dem Tagesspiegel: „Wir prüfen zurzeit verschiedene Varianten und werden der BVV voraussichtlich noch in diesem Jahr eine Vorlage zur Diskussion vorlegen.“

Stark gewandelt haben sich die Meinungsäußerungen des Umweltstadtrats. Jahrelang hatte sich Schruoffeneger beispielsweise in Einwohnerversammlungen des Bezirksamts für den Verbleib des Thai-Markts im Preußenpark eingesetzt – bis die CDU nach der Berliner Wiederholungswahl im Februar dieses Jahres zur stärksten politischen Kraft in der BVV wurde und eine Zählgemeinschaft mit den Grünen vereinbarte. Danach sagte Schruoffeneger, er habe seine wahren Ansichten während der vorherigen Zählgemeinschaft mit der SPD nicht nennen können.

Zum Eklat kam es Mitte September, als die Berliner Senatsbeauftragte für Integration und Migration, Katarina Niewiedzial, den Thai-Markt besuchte und ihre Solidarität zusicherte. Der Trägerverein habe „als Migrantenorganisation den Markt über Jahre professionalisiert, ist auf Anforderungen von Verwaltung und Politik eingegangen und hat ein nachhaltiges Konzept entwickelt“. Schruoffeneger kritisierte die Integrationsbeauftragte: Das Bezirksamt hätte sich ein „Gespräch über die rechtlichen Notwendigkeiten“ statt einer „demonstrativen Ortsbegehung“ gewünscht.

Juristisch spannend macht es vielleicht auch der Bezirksbeirat für Partizipation und Integration. Das ehrenamtliche Gremium droht dem Bezirksamt rechtliche Schritte an, falls es „den Forderungen der Zivilgesellschaft“ und der „hier im Bezirk wohnenden und wirkenden Menschen mit Migrationsbiografie“ sowie der Meinung der BVV-Fraktionen der SPD, FDP und Linken nicht nachgebe.

Der Beirat sieht zwei Gesetze verletzt. Eines davon ist das Partizipationsgesetz. Demnach fördert das Land Berlin die „sozialen, kulturellen, ökonomischen und sprachlichen Potenziale von Personen mit Migrationsgeschichte sowie sprachliche, religiöse, weltanschauliche und kulturelle Vielfalt“. Außerdem geht es um das Diskriminierungsverbot im Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz.