Kiezkamera

Veröffentlicht am 11.10.2019 von Cay Dobberke

Franziskaner verlassen St. Ludwig. Mit ihrem 70 Meter hohen Turm prägt die 1895 bis 1897 erbaute katholische Kirche St. Ludwig den Wilmersdorfer Kiez um den Ludwigkirchplatz und die Ludwigkirchstraße. 1986 übernahm der Franziskaner-Orden die Pfarrei und eröffnete in einem früheren Seniorenwohnhaus ein kleines Kloster. Aber im Sommer 2020 verabschieden sich die Franziskaner aus der rund 11.000 Mitglieder starken Gemeinde. Zu dieser gehören auch zwei Kitas und ein Hort für die vom Erzbistum Berlin geführte katholische Grundschule St. Ludwig.

Um die Entscheidung sei „lange gerungen worden“, schreibt der Provinzialminister der Franziskaner, Pater Cornelius Bohl, in einer Erklärung. Er hatte den Beschluss bereits in den Gottesdiensten am vorigen Sonntag bekannt gemacht. Einerseits biete die Pfarrarbeit „mitten im Herzen Berlins viele Chancen“, und die „Präsenz in der Hauptstadt an einem so profilierten Ort“ werde als sehr wichtig angesehen. Andererseits habe das Provinzkapitel der Franziskaner im vorigen Sommer „mit aller Schärfe deutlich gemacht“, dass die Strukturen „radikal verkleinert“ werden müssten. Die „hohe Zahl älterer und alter Brüder“ und der zuletzt „nicht nur spärliche, sondern völlig fehlende Nachwuchs“ hätten zu großer Personalnot geführt. „Wenn wir heute keine mutigen Entscheidungen treffen, werden wir in ein paar Jahren die wenigen jungen Brüder völlig überfordern.“

Unter einigen Gemeindemitgliedern stößt der Beschluss auf Unverständnis und Kritik. Doch die Würfel scheinen gefallen. Die Franziskaner hätten St. Ludwig besonders durch „starke Prediger und tolle Kirchenmusik“ geprägt, findet der Sprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner. Erzbischof Heiner Koch sagte am Freitag: „Es ist verständlich, dass sich niemand – auch ich selbst nicht – die Pfarrei Sankt Ludwig ohne die Franziskaner vorstellen will, aber für Abschied und Dank ist es noch zu früh.“ Noch in diesem Monat wolle er Gespräche mit Gemeindevertretern über „Entscheidungen für die Zukunft“ und einen angemessenen „Übergang“ führen.

Die Rückzugspläne seien dem Erzbistum, den Gremien der Gemeinde und dem Pastoralausschuss Wilmersdorf-Friedenau „vom Grundsatz nicht fremd“ gewesen, sagt Koch. „Vom Zeitpunkt der Entscheidung und der Veröffentlichung durch die Ordensleitung aber waren sie überrascht.“

Mittelfristig soll die Gemeinde mit der Pfarrei Maria unter dem Kreuz in der Hildegardstraße zur Großpfarrei mit etwa 30.000 Gläubigen zusammengelegt werden. Für die Wilmersdorfer Katholiken ist es nicht die erste Fusion. Die Kirche St. Albertus Magnus in Halensee hatte sich St. Ludwig im Jahr 2003 angeschlossen. Die Franziskaner behalten in Berlin ihr Kloster in Pankow mit der seit 28 Jahren berühmt gewordenen Suppenküche.

Foto: Cay Dobberke

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