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Fast alle BVV-Fraktionen wollen Teile der Stadtautobahn überbauen

Veröffentlicht am 04.01.2019 von Cay Dobberke

Ab dem Jahr 2030 sollen die Rudolf-Wissell-Brücke und andere marode Abschnitte der Stadtautobahn A 100 saniert werden. Die bisherigen Pläne des Bundes und des Landes Berlin sehen eine zweite Überführung neben der Wissell-Brücke sowie eine neue Zufahrt zum Messegelände vor. Doch das genügt den BVV-Fraktionen in Charlottenburg-Wilmersdorf nicht. In Stellungnahmen für die Webseite des Bezirks fordern sie die „Deckelung“ von Streckenabschnitten oder eine andere Trassenführung. Wir fassen die Beiträge hier zusammen.

Martin Burth (SPD) kritisiert das bisherige Ziel der Verkehrsplaner, „so wenig wie möglich zu verändern“ und fragt: „Wollen wir wirklich die Autobahnplanungen aus den 50er Jahren um weitere 50 bis 60 Jahre festzementieren und -asphaltieren?“ Die A 100 dürfe „nicht länger unseren Bezirk zerschneiden und tausende von Anwohner*innen mit Lärm, Stickoxiden und Feinstaub belasten“. Stattdessen solle die Autobahn zwischen Dreieck Charlottenburg und Rathenauplatz soweit wie möglich in einem Tunnel geführt werden, über dem „neue grüne Verbindungen zwischen den Stadtteilen, aber auch Infrastruktur wie Kitas, Senioreneinrichtungen und Radwege entstehen“. An manchen Stellen könne die Autobahn auch mit Wohnungen überbaut werden, ähnlich wie schon in der Schlangenbader Straße.

Auch Christoph Brzezinski (CDU) findet, eine „abschnittsweise Deckelung der Autobahn und der parallel verlaufenden Bahntrasse“ dürfe „kein Tabu“ sein. Durch eine solche Lösung könnten „die Zerteilung der Stadtteile“ behoben und zusätzliche Flächen für dringend benötigten Wohnraum geschaffen werden. Außerdem würden die bestehenden Wohngebiete rundum weniger durch Lärm und Abgase belastet. Die CDU-Fraktion fordere ein „Gesamtkonzept für die Zukunft der Stadtautobahn A 100 im Bereich der City-West“, an dem die Öffentlichkeit intensiv beteiligt werden müsse.

Ganz ähnlich sieht es Felix Recke (FDP). Da die A 100 in weiten Teilen des Bezirksgebietes in einer „Troglage“ verlaufe, könne man durch eine Deckelung der Fahrbahnen und der parallelen Bahngleise „eine erhebliche Emissionsreduzierung für die angrenzenden Wohngebiete erzielen“ und mit einer Überbauung „große Flächen für die nachhaltige Stadtentwicklung“ gewinnen. Der Bezirk müsse „frühzeitig für die Neugestaltung werben und Bund und Land überzeugen.“ Nur durch eine schnelle Abstimmung bei den Planungen „lassen sich auch verfehlte Forderungen der Deutschen Umwelthilfe nach Diesel-Fahrverboten auf der A 100 umgehen“.

Hans Asbeck (AfD) stellt sich über gedeckelten Teilen der Autobahn „einen neuen Mini-Stadtteil mit Wohnungen und viel Grün, Wasserblick und Fernsichtqualität“ vor. Ein solches Quartier „dürfte schnell zu einer attraktiven, begehrten Wohnlage werden“. Als Vorbilder für Röhrenbauten oder Überbauungen nennt er die Schlangenbader Straße sowie die Tunnel in Britz und Reinickendorf.

Sebastian Dieke (Linke) sieht in einem Tunnelsystem vor allem die Chance, gesundheitsschädliche Abgase zu sammeln und mit Filtern zu reinigen. Oberirdisch hält er „Wohnanlagen für kostengünstiges Wohnen, Gebäude für die soziale Infrastruktur, aber auch Parkanlagen“ für möglich. So würde die Wohn- und Lebensqualität der Bürger im Bezirk „deutlich erhöht“.

Nur Jenny Wieland (Grüne) sieht die Tunnel-Ideen eher skeptisch. Sie bezweifelt, ob man „Abermillionen Euro in eine statisch hochkomplexe Überdeckelung des Autobahn-Trogs zwischen ICC und Knobelsdorffstraße stecken“ sollte. Stattdessen verweist sie auf die Forderung der Grünen, beim Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke die Autobahn- und Bahntrassen übereinander statt nebeneinander anzulegen. Auch so werde es möglich, „viele Hektar neuer Fläche“ zu erschließen. Wichtig sei außerdem ein besserer Schutz der Anwohner vor Lärm und Schadstoffen. Bisher habe die staatliche Projektgesellschaft Deges „leider an der Expertise von Bevölkerung, Bezirk und Land vorbeigeplant“.