Namen & Neues
Diskussion zum Umbau des Dreiecks Funkturm - Senatsvertreter "bleiben Antworten schuldig"
Veröffentlicht am 14.02.2020 von Cay Dobberke
„Erst denken, dann bauen“, stand auf einem Plakat im Haus Eichkamp, dem Nachbarschaftstreff des Siedlervereins Eichkamp. In einer Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Umbau des Autobahndreiecks Funkturm hofften etwa 150 Anwohner und Bezirkspolitiker am Donnerstag darauf, dass eingeladene Senatsvertreter auf die seit Monaten vorgetragene Kritik reagieren würden. Die Antworten blieben jedoch vage. Es sei „noch zu früh für eine veränderte Planung“, sagte der Berliner Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese. Er deutete lediglich eine „gewisse Sympathie“ für Vorschläge des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf an.
Besonders umstritten ist eine neue Verbindung zwischen der Avus und dem Messegelände am Funkturm, die nach dem Konzept der staatlichen Planungsgesellschaft Deges in Höhe der Waldschulallee und der Jafféstraße entstehen soll. Der Siedlerverein Eichkamp befürchtet eine starke Zunahme des Verkehrs im Wohnviertel bis hin zu mehrstündigen Staus sowie ein „steigendes Unfallrisiko“ in den Straßen. Das Bezirksamt hatte bereits im Dezember in einem Brief an die Senatsverkehrsverwaltung, die Deges und das Bundesverkehrsministerium vorgeschlagen, die neue Anschlussstelle in den Bereich nördlich der Avus-Tribünen zu verlagern.
Auch der mögliche Wegfall sieben bestehender Aus- und Zufahrten der Stadtautobahn A 100 und der Avus stößt auf viel Kritik. Dadurch werde noch mehr Verkehr durch das Wohngebiet neben der Anschlussstelle Kaiserdamm an der Knobelsdorffbrücke fließen, befürchten Anwohner.
Lutz Adam, Chef der Tiefbauabteilung in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, nahm die Deges in Schutz. Die vom Bund und dem Land Berlin beauftragten Planer müssten nun einmal „irgendetwas vorstellen, aber es ist nicht in Stein gemeißelt“. Dagegen äußerte Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) seine „Sorge, dass es schon zu spät ist“ und zeigte sich verständnislos darüber, dass noch „keine Senatsmeinung“ erkennbar sei. Bereits vor eineinhalb Jahren habe das Bezirksamt die Verantwortlichen der Deges zum Gespräch eingeladen. Er und der Bau- und Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) seien damals „geschockt“ darüber gewesen, wie „menschenfeindlich“ die Autobahnplanung wirke. Außerdem „waren die Deges-Vertreter so arrogant, dass wir sie fast aus der Sitzung geschmissen hätten“.
Die Bürgerbeteiligung in einer bevorstehenden öffentlichen „Themenwerkstatt“ der Deges dürfe nicht zum „Alibi“ verkommen, forderte Naumann. Wenn keine Anregungen aufgegriffen würden, könne dies auch „die Demokratie beschädigen“. Bisher hat die Deges ihre Planungen zwar bei einem Informationsabend in der Urania und in einer Sitzung mehrerer BVV-Ausschüsse vorgestellt, aber sich nicht zur Kritik geäußert.
Es gebe wohl „keine Lösung, die allen gefällt“, sagte Abteilungsleiterin Beate Profé von der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung. Es gehe um eine Abwägung. Diese sei bisher aber nicht gelungen, erwiderte der Charlottenburg-Wilmersdorfer Vize-Bürgermeister Arne Herz (CDU): „Keiner findet sich wieder und ist zufrieden.“
Die Berliner Grünen wollen den Konflikt auf die Landesebene bringen. Die Abgeordnete Petra Vandrey kündigte einen Parlamentsantrag ihrer Fraktion an, um die Positionen des Bezirks zu unterstützen. Sie sei nämlich „nicht überzeugt“ davon, dass die Bürgerbeteiligung noch etwas ändern könne. Der Linken-Abgeordnete Michael Efler begrüßte den Vorstoß. Insbesondere die geplante Anschlussstelle an der Waldschulallee ist für ihn „ein Wahnsinn“. In ihrem Antrag greifen die Grünen auch die Idee des Bezirksamts auf, das zulässige Tempo am Autobahndreieck von 80 auf 50 bis 60 km/h zu senken. Dies ermögliche „geringere Kurvenradien“ und reduziere den Flächenverbrauch, heißt es. Außerdem lehnt die Fraktion den Bau einer sieben Meter hohen Lärmschutzwand ab.
Stadtrat Schruoffeneger forderte, der Senat solle „unsere Vorschläge durch ein unabhängiges Gutachterbüro prüfen lassen“, statt nur die Deges um eine Stellungnahme zu bitten. Staatssekretär Streese versprach eine externe Untersuchung. Über eine Verringerung der Höchstgeschwindigkeit werde man mit dem zuständigen Bundesverkehrsministerium reden. Es gebe allerdings eine bundesweite Richtlinie, die mindestens Tempo 80 auf Autobahnen vorschreibe. Ob sich der Bund zu einer Änderung bewegen lasse, scheine fraglich. Beispielsweise habe das Ministerium schon den Wunsch der Berliner Verkehrsverwaltung abgelehnt, die Geschwindigkeit auf einem Autobahnabschnitt in Pankow von 100 auf 80 km/h zu verringern.
Die Senatsvertreter seien „Antworten schuldig geblieben“, ärgerte sich Falk von Moers, der den Arbeitskreis Verkehr des Siedlervereins leitet, nach der Versammlung. Für den 22. Februar ruft der Verein zu einer Kundgebung auf. Sie soll um 11 Uhr an der Waldschulallee / Ecke Eichkampstraße beginnen und zum Messedamm führen.
Wenige Tage später veranstaltet die Deges ihre „Themenwerkstatt“ im Rahmen der „vorgezogenen Bürgerbeteiligung“. Interessierte können zwischen zwei Terminen wählen (26. oder 27. Februar jeweils ab 17 Uhr im Westhafen Event & Convention Center, Westhafenstraße 1, Sektor B, Halle 1). Die Anmeldung ist online möglich. „Wir informieren Sie über den aktuellen Stand der Planung und erläutern unsere Planungsgrundlagen für den Umbau eines der wichtigsten Verkehrsknotens in Berlin“, heißt es. „Tauschen Sie sich mit unseren Fachplanern und externen Experten aus, stellen Sie Ihre Fragen und geben Sie uns Hinweise für die Planung.“