Namen & Neues

Politiker streiten über Radwege

Veröffentlicht am 11.09.2020 von Cay Dobberke

Acht Berliner Pop-up-Radwege sind laut einer Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts unzulässig –  darunter die Radfahrstreifen in der Kantstraße und der Neuen Kantstraße. Nach der Straßenverkehrsordnung müsse belegt werden, dass Radfahrer ohne die Extra-Spuren gefährdet seien, hieß es. Die Begründung der Senatsverkehrsverwaltung, wonach der Radverkehr in der Coronakrise gefördert werden soll, reiche nicht aus. Geklagt hatten die Berliner AfD-Abgeordneten Frank Scholtysek und Marc Vallendar. Die Senatsverwaltung kündigte eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht an.

In der Kantstraße ändere sich erst einmal nichts, sagte Bau- und Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Der Gerichtsbeschluss sei „heilbar“. Die Behörde von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) müsse nur „nachweisen, dass in zweiter Spur geparkt wurde“, was bekanntlich ständig der Fall gewesen sei. Der für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Arne Herz (CDU) kündigte an, es werde „weiter wie bisher kontrolliert“. Wer mit seinem Auto den Pop-up-Radweg versperre, müsse damit rechnen, dass der Wagen abgeschleppt wird. Auch die Berliner Polizei teilte mit, nach wie vor gegen Falschparker vorzugehen.

Dagegen hat die bezirkliche AfD-Fraktion für die BVV-Sitzung am 17. September beantragt, „rechtswidrig angeordnete Corona-Radwege sofort zurückzubauen“. Die FDP-Fraktion bekräftigte ihre Forderung nach einer „dauerhaften baulichen Lösung“ für die Kantstraße. Pop-up-Radwege seien „unausgereift, da sie beispielsweise den Busverkehr außer Acht lassen und ohne die Beteiligung von Anwohnern und Gewerbetreibenden eingerichtet wurden“.

Die Linksfraktion fordert von Senatorin Günther eine „rechtssichere Begründung für die bisherigen Pop-Up-Radwege“ und die „Sicherung ihres dauerhaften Bestands“. Der verkehrspolitische Sprecher Sebastian Dieke ist „fassungslos“ darüber, dass die Verwaltung „eine der wichtigsten und notwendigsten Maßnahmen für den Schutz von Radfahrer*innen der letzten Jahre derart schluderig verfasst“ habe.

Neuen Streit gibt es auch um geplante dauerhafte Radwege in der Berliner Straße und der angrenzenden Grunewaldstraße in Schöneberg. Hier geht es der Senatsverwaltung vor allem um eine Lärmminderung (wir berichteten). In einer Machbarkeitsstudie schlugen Gutachter einen geschützten Radweg oder eine „umfassendere Umgestaltung“ vor. Inzwischen favorisieren Bezirks-Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) und der Senat eine Lösung ohne Umbauten, deren Kosten auf 38 Millionen Euro geschätzt werden. Stattdessen sollen Radwege östlich der Kreuzung zur Badenschen Straße im Frühjahr 2021 mit Fahrbahnmarkierungen gekennzeichnet werden. Redner der CDU und der FDP kritisierten dies im BVV-Verkehrsausschuss als unzureichend. „Wer die Verkehrswende will, muss auch mal Geld in die Hand nehmen“, sagte der FDP-Verordnete Johannes Heyne.