Namen & Neues
Wasserbetriebe wollen Riesen-Pumpwerk pünktlich eröffnen
Veröffentlicht am 08.01.2021 von Cay Dobberke
Der ungewöhnlichste Fund auf dem Baugelände der Berliner Wasserbetriebe in Westend waren Bernsteinbrocken, die ein paar Meter tief im Boden lagen. Fotos davon zieren eine Wand eines Bürocontainers. Von dort aus organisieren zwei Frauen – Bauleiterin Ronny Richter und Projektleiterin Marina Boldt – die Arbeiten für das zweitgrößte Abwasserpumpwerk Berlins auf dem früheren Güterbahnhof an der Sophie-Charlotten-Straße.
Trotz der Coronakrise könne die Anlage voraussichtlich wie geplant gegen Ende dieses Jahres in Betrieb gehen, sagten uns die beiden während eines Baustellenrundgangs, zu dem Unternehmenssprecher Stephan Natz eingeladen hatte. Von den auf 68 Millionen Euro geschätzten Kosten sind etwa 42 Millionen bereits verbaut. Große Pumpen stehen in einer Maschinenhalle, sind allerdings noch mit Plastikplanen abgedeckt.
Der benachbarte unterirdische Zwischenspeicher soll bis zu 7000 Kubikmeter Regenwasser fassen – fast dreimal so viel wie ein olympisches Schwimmbecken mit acht 50-Meter-Bahnen. Über den vier Kammern stehen Schornsteine, damit bei einem Unwetter die Luft aus dem Speicher verdrängt werden kann.
Das Ziel lautet, die berüchtigten „Mischwasserüberläufe“ zu verhindern. Bisher kann starker Regen die gemeinsamen Kanäle für Haus- und Straßenabwässer in Charlottenburg überlasten. Dann fließt eine unappetitliche Mixtur teils in die Spree statt ins Klärwerk Ruhleben. Im Abwasserspeicher werde es kaum stinken, heißt es. Üble Gerüche entstünden in der Regel nur, wenn sich beispielsweise Fett aus Gastronomiebetrieben an „Hotspots“ sammele. Abgesehen davon wird es im Pumpwerk niemanden geben, der die Nase rümpfen könnte, weil es vollautomatisch funktionieren soll.
Ein mehr als 100 Jahre alter Vorgängerbau auf der anderen Seite der Sophie-Charlotten-Straße ist die stadtweit letzte Anlage, in der Bedienpersonal gebraucht wird. Nach der Stilllegung übergeben die Wasserbetriebe das Grundstück an das Land Berlin. Wie es dann dort weitergeht, weiß noch niemand. Aber die attraktive Lage nahe dem Schlosspark Charlottenburg legt die Vermutung nahe, dass Wohnhäuser entstehen könnten. Das alte Pumpwerk wäre kein Hindernis, da es nicht unter Denkmalschutz steht.
Fotos des Neubaus finden Sie bei uns hier, hier, hier und hier. Auch die interessante erste Baustellen-Reportage meines Kollegen Stefan Jacobs aus dem Sommer 2019 können Sie noch auf tagesspiegel.de lesen.