Namen & Neues

Stiftung sucht Material für Ausstellung über das Reichskriegsgericht

Veröffentlicht am 26.03.2021 von Cay Dobberke

Mehr als 1400 Todesurteile fällte das Reichskriegsgericht von 1939 bis Anfang 1945 gegen Menschen, denen das NS-Regime unter anderem Landesverrat, Wehrdienstverweigerung und „Wehrkraftsetzung“ oder Spionage vorwarf. Am bekanntesten wurden die Prozesse gegen die Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Insgesamt sei die Geschichte des Gerichts am Charlottenburger Witzlebenplatz aber viel weniger erforscht als die des noch berüchtigteren „Volksgerichtshofs“, findet die Stiftung Gedenkstätte Roter Ochse aus Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt. Das soll sich nun ändern.

Die Stiftung will eine Wanderausstellung erarbeiten und europaweit zeigen. Dafür werden „Zeitzeugen und deren Angehörige“ gesucht. Dass 76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr viele Zeitzeugen am Leben sein dürften, sei ihnen natürlich bewusst, sagen Projektleiter Lars Skowronski und die Mitarbeiterin Eva Langhals. Deshalb hoffe man, dass sich beispielsweise Nachkommen von Opfern oder einstigen Richter beteiligen.

Auch an Auskünften der jetzigen Bewohner zur Frage, wie sie sich im früheren Gerichtsgebäude fühlen, sind die Forscher interessiert. Von 2006 bis 2008 war das Baudenkmal von einem Projektentwickler zum Mietshaus umgebaut worden. Zuvor hatte es nach einer jahrzehntelangen Nutzung durch das Berliner Kammergericht (und später auch den Bundesgerichtshof) ab 1997 leer gestanden. Lars Skowronski und Eva Langhals haben den heutigen Wohnkomplex schon mehrmals besucht. Besonders „gespenstisch“ fanden sie die Atmosphäre im einstigen Gerichtssaal, der nun als Versammlungsraum dient.

Warum widmen sich Historiker aus Halle der NS-Justiz in Berlin? Ein Zusammenhang ergibt sich daraus, dass das Reichskriegsgericht 1943 wegen der zunehmenden Bombenangriffe auf Berlin nach Torgau in Sachsen umgezogen war. Als Hinrichtungsstätte diente das Gefängnis „Roter Ochse“, in dem 1996 die gleichnamige Gedenkstätte eröffnet wurde. Vom Herbst 1942 bis zum Kriegsende seien dort Todesurteile gegen 549 Menschen aus 15 Ländern Europas und aus Tunesien vollstreckt worden, hat die Stiftung recherchiert.

Die Ausstellung soll Ende 2022 starten. Wer Erinnerungen oder andere Informationen beisteuern möchte, kann sich per E-Mail an  Lars.Skowronski@erinnern.org oder Eva.Langhals@erinnern.org melden.