Namen & Neues
So geht es weiter in der Bezirkspolitik
Veröffentlicht am 10.12.2021 von Cay Dobberke
Die für den 16. Dezember geplante Wahl des neuen Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf wirkt nur noch wie eine Formalie. Mittlerweile ist klar, wer welchen Posten bekommen soll. Auch die Fortsetzung der langjährigen rot-grünen Zusammenarbeit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) steht schon fest.
Am gestrigen Donnerstag unterzeichneten die Kreis- und Fraktionsvorstände der Grünen und der SPD im Rathaus Charlottenburg die aktuelle Zählgemeinschaftsvereinbarung. Zuvor hatten Mitgliederversammlungen beider Parteien mit großer Mehrheit zugestimmt.
Als politische Ziele gelten eine „Klimaneutralität“, zu der eine „emissionsarme Mobilität“ beitragen soll, die Digitalisierung der Verwaltung sowie Investitionen in Bildungs- und Sozialeinrichtungen. Außerdem geht es unter anderem um mehr Milieuschutzgebiete, eine Neugestaltung des Breitenbachplatzes und des Bundesplatzes, die Entwicklung des seit Jahren geplanten Westkreuzparks, eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf den ganzen Bezirk und die „wirtschaftliche Stärkung der City West“. Schulen sollen besser gereinigt werden, und zwar wieder von Bezirksamtspersonal statt von beauftragten Firmen.
Zur Bezirksbürgermeisterin soll Kirstin Bauch (Grüne) gewählt werden. Ihre Partei hat die SPD als stärkste Kraft in der BVV abgelöst. Die 40-jährige Sozialwissenschaftlerin gehört dem Kreisvorstand der Grünen an und amtierte von 2011 bis 2019 als dessen Geschäftsführerin. Zuletzt war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Lisa Paus und der Berliner Abgeordneten Petra Vandrey.
Die SPD bekommt unter anderem das wichtige Stadtentwicklungsressort. Der frühere Berliner Juso-Chef und Ex-Bezirksverordnete Fabian Schmitz-Grethlein soll Oliver Schruoffeneger (Grüne) als Baustadtrat ablösen. Bisher ist er stellvertretender Leiter der Abteilung Energiewirtschaft beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU).
Was hat Schmitz-Grethlein vor? Als „zentralen Schwerpunkt“ nannte er uns „die Schaffung bezahlbaren Wohnraums“. Dafür wolle er „alle Instrumente, von der kooperativen Baulandentwicklung über städtebauliche Verträge bis hin zu Förderungen“ nutzen. Es gebe auch „Potenziale auf schon versiegelten Flächen“. Denkbar sei die Überbauung von Supermärkten und anderen eingeschossigen Gebäuden. Auch Parkplätze oder Büroflächen, die „infolge von neuen Arbeitskonzepten freiwerden“, kämen für Wohnungsbau infrage.
Bestehende Gebäude könnten aufgestockt werden, findet Schmitz-Grethlein. „Dabei will ich die Frage stellen, ob wirklich an jeder Stelle die Berliner Traufhöhe das Maß der Dinge sein soll.“
In Milieuschutzgebieten will er eine Verdrängung der Mieter:innen verhindern. Das bezirkliche Vorkaufsrecht werde zwar durch das neue Urteil des Bundesverwaltungsgerichts „extrem erschwert“, aber das Baurecht sehe auch andere Möglichkeiten vor. Außerdem strebt der SPD-Politiker umweltfreundlichere Neubauten und Verbesserungen in Bestandsgebäuden an. Stadtentwicklung müsse „den Klimawandel mitdenken“.
Der bisherige Baustadtrat Oliver Schruoffeneger bleibt gemäß der Vereinbarungen für das Straßen- und Grünflächenamt sowie das Umwelt- und Naturschutzamt verantwortlich. Zusätzlich soll das Ordnungsamt in sein Ressort kommen.
Stadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) wurde bei einer Kreisdelegiertenversammlung ihrer Partei erneut für das Bezirksamt nominiert. Sie ist die designierte Vize-Bürgermeisterin und soll für Schule und Sport, Weiterbildung und Kultur zuständig bleiben. Hinzu kommt das „Facility Management“ für bezirkseigene Immobilien.
Den Jugendbereich gibt die SPD voraussichtlich an CDU-Stadtrat Detlef Wagner ab. Er bleibt außerdem für den Gesundheitsbereich zuständig.
Der bisherige Vize-Bürgermeister und Ordnungsstadtrat Arne Herz (CDU) will von Wagner das Sozialressort übernehmen und weiterhin die Abteilung Bürgerdienste leiten.
Als neuen BVV-Vorsteher schlägt die SPD ihren langjährigen Bezirksverordneten und Baupolitiker Wolfgang Tillinger vor.
Die FDP kritisierte einige Ankündigungen der Zählgemeinschaft. „Die großen Reformen in der Bezirksverwaltung bleiben aus“, sagte der bezirkliche Fraktionschef Felix Recke. „Im Grunde geht es einfach so weiter wie bisher.“ In der Personalpolitik blieben die Aussagen „oberflächlich“. Eine Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung „wird unserem Bezirk mit seinen vielen Ortsteilen außerhalb des S-Bahn-Rings nicht gerecht“ und „benachteiligt vor allem diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind“.
Der scheidende Bundestagsabgeordnete Klaus-Dieter Gröhler bleibt Kreisvorsitzender CDU Charlottenburg-Wilmersdorf, strebt aber keine Rückkehr ins Bezirksamt an, in dem er lange Baustadtrat und Vize-Bürgermeister war. Vielleicht arbeitet Gröhler bald wieder mehr für das Berliner Justizprüfungsamt, in dem er nach eigenen Worten „schon immer nebenbei“ tätig war. Sein Bürgerbüro „Café Wahlkreis“ in Wilmersdorf hat Gröhler an die neue Berliner CDU-Abgeordnete Sandra Khalatbari abgegeben.