Namen & Neues
Wohnungsbauprojekt gefährdet Kleingärten
Veröffentlicht am 02.12.2022 von Cay Dobberke
Etwa 400 Interessierte stehen auf der Warteliste der Wilmersdorfer Kleingartenkolonie Am Stadtpark I. Gleichzeitig gibt es für eine Online-Petition zur Rettung des „Blocks 4“, in dem 13 der insgesamt 120 Parzellen liegen, bisher rund 2150 Unterstützer:innen. Trotzdem könnte diese Fläche zwischen der Prinzregentenstraße und der Waghäuseler Straße bebaut werden: Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Berlinovo plant etwa 260 Appartements für Studierende, Gastwissenschaftler der Berliner Hochschulen und junge Führungskräfte des Landes (wir berichteten).
Der Umweltausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf beriet in dieser Woche über einen Antrag der Linksfraktion, wonach das Land Berlin das Grundstück des Blocks 4 kaufen solle, damit dort „keine Bebauung stattfindet“. Diese sei „weder notwendig noch nachhaltig und widerspricht dem Wunsch vieler Bürger:innen im Bezirk, Grünflächen zu erhalten“.
Schon vor sechs Jahren hatte sich die BVV einem Bürgerbegehren angeschlossen. Das erklärte Ziel lautete, Grünflächen und Kleingärten „dauerhaft zu sichern und bestehende andere Planungen unverzüglich aufzuheben“.
Doch Baustadtrat Fabian Schmitz-Grethlein (SPD) wies nun darauf hin, dass Block 4 ein Privatgelände ist. Es gehört der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, die es der Berlinovo verkaufen will. Ob das Geschäft bereits besiegelt ist, konnte Schmitz-Grethlein nicht sagen. Er betonte aber, dass längst schon Baurecht bestehe und „wir daran gebunden sind“. Immerhin habe sich der Bezirk mit der Berlinovo auf den zusätzlichen Bau einer Kita mit 50 Plätzen einigen können.
Bereits die Teilbebauung der Kolonie Oeynhausen in Schmargendorf habe gezeigt, „wie wenig Macht wir im Bezirk haben“, sagte auch die Grünen-Bezirksverordnete Susan Drews. Dort hatte ein Investor ein Grundstück mit 150 Kleingärten von der Deutschen Post erworben und an die Groth-Gruppe weiterverkauft, die eine Wohnsiedlung errichtete.
Am Ende stimmte der Ausschuss mehrheitlich nur für einen abgeschwächten Antrag zur Kolonie Am Stadtpark I. Dieser stammte von der CDU-Fraktion und beauftragt das Bezirksamt, gemeinsam mit den zuständigen Senatsverwaltungen „zu prüfen“, in welcher Form die 13 Gärten dauerhaft gesichert werden könnten. Die Forderungen der Linksfraktion gingen der CDU zu weit, da man nicht wisse, ob das Gelände überhaupt noch der Baugenossenschaft gehöre. Gegen den Änderungsantrag votierten die Ausschussmitglieder der Linken und der FDP, außerdem gab es vier Enthaltungen.
Die SPD-Fraktion machte deutlich, dass sie das Bauprojekt unterstütze, weil es dringend benötigten Wohnraum für Studierende schaffe. So sehen es auch die FDP und mehrere Mitglieder der Grünen-Fraktion, die sich allerdings wohl nicht ganz einig ist.
Den Stimmen für eine Bebauung widersprach die Co-Vorsitzende und umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Frederike-Sophie Gronde-Brunner, später in einer schriftlichen Erklärung: „Bezahlbarer Wohnraum muss auf versiegelten Flächen entstehen.“ Dafür solle auch der „Neubau von Luxuswohnungen an anderen Stellen im Bezirk gestoppt“ werden. Die Kleingartenanlage seien „mit Blick auf die Klimakatastrophe“ und „in Bezug auf den sozialen Aspekt“ wichtig.
Vor sechs Jahren hatte das Bezirksamt den Kleingartenverein „insbesondere für die Nachbarschaftspflege“ mit dem Erwin-Barth-Preis ausgezeichnet. Die Kolonie dient nämlich nicht allein den Pächter:innen. Es gibt einen Schul- und Kitagarten, einen öffentlichen „Mitmachgarten“ sowie einen frei zugänglichen Vereins- und Lesegarten. Darauf wies die Vereinsvorsitzende Gabriele Gutzmann im Ausschuss hin. Ihre mehr als fünfminütige Rede können Sie unter diesem Link nachlesen.