Namen & Neues

Bericht aus der BVV: Wiederaufbau-Hilfe für Bücherbox, Fragen zum Umgang mit Obdachlosen und Streit um den Haushalt

Veröffentlicht am 22.09.2023 von Cay Dobberke

„So viele Geburtstagsgäste ohne eine Party hatte ich noch nie“, scherzte die Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) am Donnerstag in der Bezirksverordnetenversammlung. Die Sitzung fand an ihrem 43. Geburtstag statt; BVV-Vorsteherin Judith Stückler (CDU) gratulierte mit einem Blumenstrauß und ein paar Sinnsprüchen über das Leben.

Fragen zum antisemitischen Brandanschlag auf die Bücherbox am Bahnhof Grunewald stellte Reinhold Hartmann dem Bezirksamt: Der CDU-Verordnete wollte wissen, wie die Verwaltung beim Wiederaufbau der im August zerstörten Bücherbox helfe und auf welche Weise die Sicherheit am Standort nahe des Deportations-Mahnmals „Gleis 17“ verbessern werden könnte. Die Linksfraktion brachte zusätzlich einen Antrag ein, in dem sie eine Unterstützung des Projekts Nachhaltige BücherboXX fordert. Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) antwortete, das von Konrad Kutt gegründete Projekt werde seit Jahren gefördert. Er kündigte einen weiteren Zuschuss an, nannte aber keine Summe. Zur Sicherheit sagte der Stadtrat, im nächsten der regelmäßigen „Monatsgespräche“ mit der Polizei werde das Bezirksamt das Thema ansprechen. Eventuell seien verstärkte Polizeistreifen möglich. Bauliche Maßnahmen lehnte Schruoffeneger mit der Begründung ab, man wolle „die Normalität wahren“.

Um „Obdachlosen-Camps“ ging es der SPD-Verordneten Ann-Kathrin Biewener. Sie fragte, wie oft und auf welche Weise das Ordnungsamt solche Ansiedlungen räume. Ordnungsstadtrat Schruoffeneger und Sozialstadtrat Arne Herz (CDU) erwiderten, es gebe keine Räumungen. Das Ordnungsamt beschränke sich auf punktuelle gemeinsame Reinigungseinsätze mit der BSR. Von einer Verdrängung wohnungsloser Menschen könne keine Rede sein.

Der bezirkliche Doppelhaushalt 2024/2025 wurde mit der Mehrheit der schwarz-grünen Zählgemeinschaft beschlossen. Die maßgeblichen Beratungen darüber hatte es vorher in BVV-Ausschüssen gegeben. Das Haushaltsvolumen beträgt mehr als 870 Millionen Euro pro Jahr. Durch Einsparungen und einen Senatszuschuss sei „das Ziel eines soliden Haushaltes erreicht“ worden, hieß es aus den Fraktionen der CDU und Grünen. Allerdings gebe es noch einen Fehlbetrag in Höhe von 7,9 Millionen Euro, der „im laufenden Jahr aufgelöst werden muss“. Besonders hohe Mehreinnahmen erwarten beide Fraktionen durch die kürzlich ausgeweitete Parkraumbewirtschaftung.

Von einem „schöngefärbten“ und „unehrlichen“ Haushaltsplan sprach die FDP; auch die AfD kritisierte eine „verschleierte Unterfinanzierung“. Redner beider Fraktionen nannten vor allem die Prognosen zu den Einnahmen aus Parkgebühren überzogen. In einer Presseerklärung wirft FDP-Fraktionschef Felix Recke-Friedrich dem Bezirksamt außerdem vor, es habe „sehr einseitig“ in den Ressorts der SPD-Stadträtin Heike Schmitt-Schmelz (Weiterbildung, Kultur, Bildung und Sport) den „Rotstift angesetzt“. Kaum Sparmaßnahmen sieht Recke-Friedrich dagegen in den Bereichen Verkehr und Grünflächen – und vermutet einen Zusammenhang damit, dass dafür der Grünen-Stadtrat Oliver Schruoffeneger zuständig ist.

Die Linksfraktion ärgerte sich über die „Intransparenz“ bei der Planung der Investitionen und Einsparungen. Bürgerinnen und Bürger seien weder einbezogen noch informiert worden. Durch die Kürzungen seien „drastische Folgen für die soziale Daseinsfürsorge und den Kinderschutz“ zu befürchten. Beispielsweise würden im Kinder- und Jugendamt „seit Jahren benötigte Stellen“ nicht besetzt.

Die SPD-Fraktion enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme, weil in den Beratungen „die großen Fragen offen geblieben“ seien. Bei einigen Einsparzielen seien die möglichen negativen Auswirkungen unklar – und zugleich wisse man nicht, ob die Maßnahmen „überhaupt ausreichen werden“, sagte Fraktionschef Alexander Sempf. Alle Verordneten der FDP und AfD lehnten den Haushaltsentwurf ab. Aus der Linksfraktion gab es eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen.