Kiezgespräch
Veröffentlicht am 19.07.2019 von Cay Dobberke
Im Ratskeller bleibt die Küche kalt. Seit dem Ende vorigen Jahres ist der Ratskeller Charlottenburg im Rathaus an der Otto-Suhr-Allee geschlossen, nachdem das Bezirksamt der langjährigen Wirtin Angelika Scholtz gekündigt hatte. Bereits im Herbst 2018 wurden eine Neuausschreibung und Modernisierungen angekündigt. Doch seitdem ist nichts Erkennbares geschehen. Die überraschende Erklärung von Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) lautet: „Wir können nicht rein und den Sanierungsbedarf prüfen.“ Die Gastronomin habe das Mobiliar nicht ausgeräumt und verlange vom Bezirksamt, es für einen sechsstelligen Betrag anzukaufen.
Mit einer Klage wollte die Bezirksverwaltung daraufhin die Entfernung der Stühle, Tische, Küchenschränke und anderer Einrichtungsgegenstände durchsetzen. Einen Gerichtstermin gibt es noch nicht. Inzwischen habe man einen Vergleichsvorschlag gemacht, sagt Schruoffeneger. Der Bezirk könne der Wirtin etwas entgegenkommen, indem „wir auf ein paar unserer Forderungen verzichten“. Einzelheiten nennt er nicht. Die Gastronomin Angelika Scholtz wollte sich auf Nachfrage nicht äußern: „Da wir uns in einem laufenden Verfahren befinden, kann ich zurzeit keine Auskunft geben.“
Über die Gründe der Kündigung hatte es zuvor Streit gegeben. Wie berichtet, war Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) offenbar eine treibende Kraft bei der Vertragsauflösung. Ihn und andere Politiker hatte es gestört, dass die AfD regelmäßig Räume im Restaurant mietete. Offiziell nannte das Bezirksamt andere Gründe: Man wolle vor allem die benachbarte Personalkantine im Rathaus, die von der selben Pächterin betrieben wurde, in Verwaltungsbüros umwandeln. Ersatzweise soll künftig der Ratskeller mittags als Kantine dienen – und abends weiterhin als klassisches Restaurant. Angedacht sei auch, das Lokal für Veranstaltungen zur „Demokratieförderung“ zu nutzen, hieß es.
Wann die Neuausschreibung beginnen kann, ist unklar. Betroffen von den Verzögerungen sind nicht nur Gäste, die im eigentlichen Ratskeller speisen möchten. Für Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus gibt es vorerst keine Kantine mehr (außer einem temporären Cateringservice an manchen Tagen). Wegen niedriger Preise war die öffentlich zugängliche Kantine auch bei einkommensschwachen und älteren Bürgern beliebt.
Außerdem verlor das Kabarett „Klimperkasten“ seine Spielstätte im Ratskeller. Seitdem gastiert das Ensemble um Jerry Roschak gelegentlich im Lokal „Zur Kneipe“ an der Rankestraße.