Kiezgespräch
Veröffentlicht am 24.07.2020 von Cay Dobberke
Wohnhäuser statt Kleingärten – ein Besuch in Schmargendorf. In ganz Berlin sollen Kleingärten dauerhaft geschützt werden. Solche Grünflächen seien „kein Bauerwartungsland“, steht in einem Gesetzentwurf der rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus. Zusätzlich hat der Rat der Bürgermeister am Donnerstag den Entwurf der Senatsumweltverwaltung für einen Kleingartenentwicklungsplan abgelehnt und Überarbeitungen verlangt.
Auf Initiative von Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) forderte das Gremium dabei auch, dass der geplante Erweiterungsbau der internationalen Wangari Maathai Schule nicht auf Teilen der Kolonie Stadtpark I in Wilmersdorf entsteht, sondern auf „dafür geeigneten, bisher unbebauten schulischen Flächen“.
Für 150 Kleingärten in Schmargendorf kommen die neuen Initiativen allerdings längst zu spät. Nach dem langen Streit um die Kolonie Oeynhausen rollen seit rund drei Jahren die Bagger für Wohnhäuser auf der Hälfte des Geländes. Dieses gehört der Groth Gruppe, die es von anderen privaten Eigentümern erworben hatte. Inzwischen sind die meisten Neubauten fertig, alle Wohnungen verkauft und viele Bewohner seit März eingezogen. Bis August 2022 sollen die restlichen Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Wenn man sich den Frust vertriebener Kleingärtner wegdenkt, wirkt das Maximilians Quartier der Groth-Gruppe durchaus einladend. Rund um die fünf- bis achtstöckigen Häuser gibt es viel Grün – sowohl innerhalb der neuen Siedlung als auch nebenan, wo noch 150 Kleingärten stehen. Der Investor hatte sich mit dem Bezirk darauf geeinigt, diese Hälfte der Kolonie Oeynhausen zu erhalten, und durfte als Gegenleistung höher bauen.
Auf unsere Bitte hin konnten wir das Groth-Projekt in dieser Woche mit Prokurist Paul Olufs und Unternehmenssprecherin Anette Mischler besichtigen. Dabei empfing uns auch der Käufer einer Eigentumswohnung. Der frühere Steuerberater ist mit seiner Lebensgefährtin aus Brandenburg hierher gezogen, in der ruhigen und naturnahen Wohnlage fühlt er sich wohl. Dank Aufenthaltsflächen im Freien falle es außerdem leicht, andere Bewohner kennenzulernen. Auch mit ein paar der verbliebenen Kleingärtner stehe er in Kontakt, sagt der Mann. Er habe schnell bemerkt, dass die Laubenpächter keinen Groll gegen ihre neuen Nachbarn hegen.
Es gibt auch Mietwohnungen in Häusern, die Groth an Anleger und Investmentgesellschaften veräußert hat. Beispielsweise vermarktet eine Charlottenburger Immobilienfirma 222 Mietwohnungen unter dem Namen Max & Maria.
Das ganze Quartier soll ökologisch nachhaltig sein. Prokurist Olufs weist darauf hin, dass alle Parkplätze in den Tiefgaragen über Ladebuchsen für Autos mit Elektroantrieb verfügen. Hinzu kommen ein Carsharing-Angebot mit E-Autos, ein Fahrradverleih, viele Fahrradstellplätze und ein eigenes Blockheizkraftwerk. Die BVG plant, bald die neue Buslinie 215 durch die Forckenbeckstraße verkehren zu lassen. Von deren Namensgeber ist übrigens die Bezeichnung Maximilians Quartier abgeleitet: Maximilian Franz August von Forckenbeck (1821 bis 1892) war ein Berliner Oberbürgermeister.