Kiezgespräch

Veröffentlicht am 16.04.2021 von Cay Dobberke

Seit 21 Jahren gibt es den Walter-Benjamin-Platz zwischen der Leibniz- und der Wielandstraße –  doch über den Namensgeber erfahren Besucher:innen nur stichwortartig auf den Straßenschildern, dass Walter Benjamin (1892 bis 1940) ein „Schriftsteller, Literatur- und Zeitkritiker“ war. Das wollen Bezirkspolitiker nun ändern. Der Kulturausschuss der BVV nahm einen Antrag der SPD-Fraktion einstimmig an. Das Bezirksamt soll eine Informationstafel (oder „unter Umständen“ auch mehrere) anbringen, um „auf das Leben und auf die Bedeutung des Philosophen und Kulturkritikers“ hinzuweisen.

Als möglicher Standort gelten Säulen an den Ecken der „Leibniz-Kolonnaden“. An diesen haben gewerbliche Mieter bereits Schilder angebracht (Foto hier). Eine Extra-Stele mitten auf dem Platz halten die SPD-Politikerinnen Evelyn Andres und Christiane Timper für weniger sinnvoll, weil diese Besuchern und spielenden Kindern im Weg stehen könne. Außerdem sei die Einwilligung des privaten Grundstückseigentümers wohl leichter zu erhalten, wenn sich baulich nichts ändere. Der ganze Platz gehört der US-Investmentgesellschaft Blackstone.

Über weitere Einzelheiten und einen Textentwurf der SPD-Fraktion wird die Gedenktafelkommission der BVV beraten. Vorstandsmitglied Jürgen Karwelat von der Berliner Geschichtswerkstatt, der dem Kulturausschuss als Bürgerdeputierter der Grünen angehört, machte zwei Vorschläge. Man könne den Text der Gedenktafel an Benjamins früherem Wohnhaus in der Prinzregentenstraße „teilweise übernehmen“. Darauf steht unter anderem auch, dass Benjamin sich auf der Flucht vor den Nazis, die ihn wegen seiner jüdischen Herkunft verfolgten, das Leben genommen hatte.

Außerdem regte Karwelat an, „zwei Zeilen“ auf der geplanten Infotafel der Geschichte des Stadtplatzes zu widmen. Dieser war von den Architekten Hans Kollhoff und Helga Timmermann auf einem früheren Parkplatz entworfen worden.

Auch an den CDU-Politiker Peter Lorenz (1922 bis 1987) soll sichtbarer erinnert werden. Die bezirkliche CDU-Fraktion hatte ursprünglich eine neue Gedenktafel an der Fassade des „Peter-Lorenz-Hauses“ in der Steifensandstraße 8 nahe dem Lietzensee beantragt. Das Gebäude beherbergt unter anderem den CDU-Landesverband. Es gibt darin schon eine Messingtafel, die Lorenz gewidmet ist (ein Foto finden Sie in der Wikipedia). Der Kulturausschuss einigte sich darauf, dass diese Tafel nach draußen verlagert werden sollte. Peter Lorenz war unter anderem Landesvorsitzender der CDU und Präsident des Berliner Abgeordnetenhaus. 1975 wurde der damalige CDU-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahlen in Zehlendorf von Linksextremisten entführt und fünf Tage lang als Geisel festgehalten, bis die Bundesregierung fünf inhaftierte Terrorist:innen freiließ.