Nachbarschaft

Veröffentlicht am 01.11.2019 von Cay Dobberke

Norbert Gembaczka, Kirchenmusiker der katholischen Gemeinde St. Ludwig in Wilmersdorf.

Große Orchestermessen, die normalerweise nur in Konzertsälen erklingen, „auch in Gottesdiensten erlebbar zu machen“, lautet ein Ziel des Kirchenmusikers, der seit 41 Jahren in St. Ludwig tätig ist. Jedes Jahr werden dort Messen berühmter Komponisten in der Oster- und Weihnachtszeit aufgeführt. Etwas ganz Besonderes ist für Norbert Gembaczka das Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Vor vielen Jahren hatte ihn eine Aufführung dieses Werks im Paderborner Dom beeindruckt, später „habe ich mich lange damit beschäftigt“. Nun ist es soweit: Am 24. November ab 16 Uhr präsentieren der von ihm geleitete Gemeindechor sowie professionelle Solisten und Kammermusiker das Oratorium (Karten sind für 20, ermäßigt 15 Euro, bereits im Vorverkauf erhältlich).

Es wird Gembaczkas vorletztes Konzert an dieser Stelle, zumindest in seiner bisherigen Rolle. Am 5. Januar geht der 66-Jährige nach einem Abschiedskonzert in den Ruhestand. Er will „der Kirche verbunden bleiben“ und wahrscheinlich auch gelegentlich in verschiedenen Gemeinden musizieren, ist aber „dankbar, dass ich kürzer treten kann und nicht mehr regelmäßig jeden Sonntag die Orgel spielen muss“. So bekommt er auch Zeit für sein neuestes Hobby. Schon immer hatte sich Gembaczka für die Luftfahrt begeistert. Anlässlich seines 65. Geburtstags nahm er sich schließlich vor, selbst einen Pilotenschein zu erwerben – und vor zehn Tagen bestand er die Prüfung. Nur ein eigenes Flugzeug besitzt er nicht und will sich stattdessen Maschinen auf Brandenburger Sportflugplätzen mieten.

Für sein langjähriges Engagement als Kirchenmusiker wurde Norbert Gembaczka soeben mit der Bürgermedaille des Bezirks ausgezeichnet. Über St. Ludwig hinaus ist er als Orgelsachverständiger des Erzbistums Berlins tätig. Sein Rat ist bei Neu- und Umbauten von Orgeln gefragt, aktuell zum Beispiel in der St. Hedwigskathedrale in Mitte. Für die umstrittenen Umbauten im Inneren der Kathedrale musste die dortige Orgel im vorigen Sommer abgebaut und in Einzelteilen eingelagert werden. Als Orgelsachverständiger will Gembaczka vorerst weitermachen: „Ich hoffe, dass ich noch zwei bis drei Jahre lang in dem Amt bleiben darf.“

Er stammt aus Herne im Ruhrgebiet, hatte zunächst Theologie studiert und war als Organist ursprünglich ein Autodidakt. Erst nach seiner Anstellung in St. Ludwig studierte Gembaczka dann auch Kirchenmusik an der Hochschule der Künste (heute: Universität der Künste) Berlin. Dabei lernte er auch, Chöre zu leiten. Zusätzlich führt er Regie in der Theatergruppe der Gemeinde. Die neueste Inszenierung, der Gruselkrimi „Der unheimliche Mönch“, nach Edgar Wallace, kommt am 15. und 16. November um 20 Uhr und am 17. November um 16 Uhr auf die Bühne des Gemeindesaals.

Die Ankündigung des Franziskaner-Ordens, im Sommer 2020 wegen Personalmangels die Trägerschaft von St. Ludwig abzugeben, bedauert Gembaczka sehr. Das sei ein großer Verlust für die Gemeinde, aber auch für die Franziskaner selbst. Im Ruhestand möchte er zwei Bücher schreiben: eines über Orgeln in katholischen Gotteshäusern und eines über die „ungewöhnliche Entstehungsgeschichte“ der Kirche St. Ludwig.

Foto: Cay Dobberke

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