Nachbarschaft
Veröffentlicht am 31.01.2020 von Cay Dobberke

Oliver Dunk, Eigentümer und Geschäftsführer des Schlagersenders radio B2.
Sollten Ihnen Helene Fischer, Andrea Berg oder andere deutsche Schlagerstars einmal unerwartet in der Pfalzburger Straße in Wilmersdorf begegnen, so hat dies einen besonderen Grund. Denn aus einem dortigen Gewerbehof sendet radio B2 – „Deutschlands Schlager-Radio“. Dort gehen bekannte Musiker nach den Worten des Gründers Oliver Dunk „ein und aus“.
Vor zehn Jahren gewährte ihm die Landesmedienanstalt die UKW-Frequenz 106,0 MHz für Berlin und das Umland, im Juli 2011 ging es dann los. Das Programm ist „sehr erfolgreich“ in Berlin und Brandenburg. Laut Mediaanalyse erreicht es mehr als 100.000 Hörer pro Stunde. In weiteren Bundesländern ist radio B2 über UKW, DAB+ oder das Kabelnetz empfangbar – und per Internet natürlich auch.
Oliver Dunks Liebe zum Schlager reicht bis in seine Schulzeit in Berlin-Wedding zurück. Als erste Schallplatte kaufte er sich „Theo, wir fahr’n nach Lodz“ von Vicky Leandros und wenig später „Ein Lied zieht hinaus in die Welt“ von Jürgen Marcus. „Die Mädels fanden es total uncool“, erinnert sich der 56-Jährige. Um auch Musik zu besitzen, die besser in seinem Freundes- und Bekanntenkreis ankommt, legte er sich damals „Rivers of Babylon“ von Boney M. zu. Auf dieselbe Schule wie Dunk ging Roland Kaiser. Im Musikunterricht habe der spätere Schlagersänger, ebenso wie er selbst, „eine Fünf gehabt“, erzählt Dunk lachend.
Eigentlich sei er ein „Kind des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, sagt der Radiomacher. Denn seine ersten Erfahrungen sammelte er als Schülerreporter und Jugendfunk-Moderator beim RIAS. Beim SFB (heute: rbb) machte Dunk ein Volontariat – bis er von der Gründung des ersten Berliner Privatradiosenders Hundert,6 erfuhr und dort in den 1980-er Jahren ein bekannter Moderator wurde. Hundert,6 sei ein „Kampfsender“ und „knallhart ideologisch geprägt“ gewesen, sagt Dunk. Aber: In der Ära des geteilten Berlins vor dem Mauerfall „hatte das seine Berechtigung“. In den 1990-er Jahren wechselte er als Redaktionsleiter und Chefredakteur zum Fernsehsender Sat. 1. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagte Dunk im Jahr 2000. Zehn Jahre später entstand radio B2.
Chefs anderer Privatsender hätten ihn anfangs „ausgelacht“ für seine Idee, musikalisch allein auf deutsche Schlager zu setzen und dies auch noch mit einem hohen Wortanteil zu kombinieren, erzählt Dunk. Er ist stolz darauf, dass etwa 35 Prozent des Programms aus Wortbeiträgen bestehen. Unter den Berliner Privatradiosendern sei das ein Spitzenwert. Beispielsweise gibt es tägliche Berichte aus der Region, ein politisches Mittagsmagazin und die von Dunk moderierte Interview-Reihe „Chefsache – Macher im Gespräch“ am Sonntag. Alles soll bürgernah sein. „Wir sind eine klingende BILD-Zeitung.“
Inzwischen führt Dunk eine Firmen- und Sendergruppe. Dazu gehören auch radio Gold, Star*Sat Radio und Maxx FM, eine Kommunikationsagentur , eine Internetagentur sowie als neuester Zuwachs der Digitalsender Lounge plus mit Jazz und Chillout-Musik. Außerdem beliefert die Hörfunknachrichtenagentur „radio Aktuell“ mehr als 20 deutsche Privatradios mit Nachrichten.
„Schlager ist Familie“, findet der Senderchef. Die Bindung zu den Schlagerfans stärkt er mit Veranstaltungen wie dem jährlichen „radio B2 Schlager Hammer“ – einem großen Festival auf der Galopprennbahn in Hoppegarten – sowie Schlagerpartys und Sommertouren. Derzeit können Hörer Freikarten für ein „exklusives Privatkonzert“ mit Maite Kelly gewinnen. Zu „100 Prozent“ sende radio B2 deutsche Hits, heißt es. Bei einem Besuch im Sender klingt es zuerst, als würde ein Hit des US-Sängers Barry White gespielt. Rasch erweist sich das Stück jedoch als eine deutsche Coverversion von „You’re the First, the Last, My Everything“. Es gibt nämlich eine Sendung, die Hörern die originale Herkunft vieler Schlager erklärt.
Den Kiez um seine Studios kennt Dunk sehr gut, obwohl er in Zehlendorf wohnt. Nach Charlottenburg-Wilmersdorf hatte es ihn schon während seiner Jugend in Wedding gezogen. Vor allem „war ich immer Savignyplatz-affin.“ Und Wilmersdorf habe beispielsweise in den kleineren Straßen rund um die Uhlandstraße „etwas Heimeliges“.
Unter anderem empfiehlt Dunk das Literaturhaus Berlin in der Fasanenstraße mit dem „tollen Garten“, das italienische Restaurant Culaccino am Fasanenplatz, die „Superbrötchen“ der Bio-Konditorei Tillmann an der Ludwigkirchstraße und den gut sortierten Obstladen schräg gegenüber, auch wenn dieser „so teuer wie eine Apotheke“ sei. „Schlimm“ findet Dunk dagegen, dass es auf dem mittleren Teil des Kurfürstendamms fast nur noch Luxusgeschäfte gibt. Mittelständische Läden sind ihm viel sympathischer.
Foto: Cay Dobberke
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