Nachbarschaft

Veröffentlicht am 24.04.2020 von Cay Dobberke

Regine Kiepert, Buchhandlung Schropp Land & Karte,
Hardenbergstraße 9a.

Berlins älteste Kartenhandlung wurde 1742 gegründet, als es noch gar keinen Tourismus gab und Erdkunde hauptsächlich der Besiedelung und Bewirtschaftung des Landes diente – oder zur Kriegführung. 278 Jahre später sei Schropp in der Corona-Krise eine „Reisebuchhandlung ohne Reisende“, sagt Regine Kiepert. Da zurzeit fast niemand Reiseführer kauft, bestellt sie vorerst keine mehr nach.

Nur Karten für Radtouren und Spaziergänge im Berliner Umland sind noch so gefragt, dass die Buchhändlerin regelmäßig für Nachschub sorgt. Einige Kunden interessieren sich auch für große Wandkarten verschiedener Länder und Städte – „wahrscheinlich, um zu träumen“, wie Regine Kiepert glaubt. Ihre sechs Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, auch die Öffnungszeit wurde reduziert (Mo. bis Fr. 11–18 Uhr, Sa. 11–16 Uhr).

Sie selbst sei dagegen „fast rund um die Uhr“ im Einsatz, erzählt die Unternehmerin. Sie nimmt Bestellungen über den Webshop, per E-Mail oder telefonisch entgegen und liefert manches persönlich mit ihrem dreirädrigen roten „Piaggio Ape“-Kleintransporter aus. Online wird aktuell viel Belletristik geordert. Trotz des Schwerpunkts bei geografischen Werken „sind wir ja eine ganz normale Buchhandlung“, die verschiedenste Literatur anbiete, sagt Regine Kiepert. Im Tagesspiegel-Onlineportal „Kiezhelfer“ verkauft sie auch Gutscheine, die sich besonders als Geschenk eignen.

Die Investitionsbank Berlin (IBB) hat Fördergeld gewährt. Das sei „supergut gegangen“, lobt die Buchhändlerin. Ihrem Vermieter zahle sie im April und Mai „etwas weniger Miete“. Finanziell könne sie unter den jetzigen Bedingungen „noch zwei bis drei Monate durchhalten“. Für die Zeit danach hofft sie auf eine allmähliche Wiederkehr des weltweiten Tourismus.

Die 62-Jährige ist die Tochter von Robert Kiepert, der bis zu seinem Tod vor drei Jahren der wohl berühmteste Berliner Buchhändler war. Alle seine Kinder „mussten eine Buchhandelslehre machen“, erinnert sich Regine Kiepert, die außerdem Geografie studiert hat. Simon Schropp hatte seine Buchhandlung ursprünglich in Berlin-Mitte gegründet. Seitdem ist das Geschäft acht Mal umgezogen. Regine Kiepert übernahm es 1979 von einer anderen Buchhändlerin – damals an der Potsdamer Straße in Tiergarten. Der Wechsel an die Hardenbergstraße folgte im Jahr 2008.

Die Chefin hat wenig Freizeit. Wenn sie dazu kommt, fährt sie aus ihrer Wohnung in Friedenau gerne zu ihrer „Hütte“ in Tiefwerder in Spandau, fährt Rad oder paddelt über Seen. Außerdem spielt sie Akkordeon und ist mit der Pianistin Birgitta Altermann befreundet. Während der Corona-Krise musizieren beide gelegentlich vor Senioren- und Pflegeheimen, um deren Bewohner zu erfreuen.

Foto: Cay Dobberke

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