Nachbarschaft

Veröffentlicht am 19.02.2021 von Cay Dobberke

Anahita Sadighi betreibt die Galerien Anahita Arts of Asia und Anahita Contemporary an der Schlüterstraße.

Mitten in der Coronakrise hat Anahita Sadighi gemeinsam mit den Galeristinnen Eva Morawietz, Katharina Maria Raab und Anne Schwarz den Showroom Studio 4 Berlin eröffnet. Dieses Mal allerdings nicht in der Schlüterstraße, wo Sadighi schon zwei Mal vertreten ist, sondern in der Krummen Straße am Karl-August-Platz. Die dortige Ausstellung „Black & White“ findet wegen des Lockdowns erst einmal online statt.

Der neue Standort sei „nicht gerade bekannt für die Galerienszene Charlottenburgs“, sagt Anahita Sadighi. „Hier war vorher ein Schuster, der Laden war total runtergerockt. Wir haben hier etwas Schönes und Neues geschaffen, arbeiten aber weiter mit den alten Wänden, die die Geschichte des Ortes miterzählen.“ Das beschreibt den Bezug der 32-Jährigen zum Kiez bereits ganz gut. Als sie vor sechs Jahren ihre erste Galerie eröffnete, lebte sie nicht in Berlin. Sie studierte in London und arbeitete später für die Art Dubai.

Doch als sie sich dazu entschloss, Galeristin zu werden, war der Ort klar: Charlottenburg sollte es sein. Anahita Sadighi wurde in Teheran geboren, kam aber schon als Kleinkind nach Berlin und wuchs in der City West auf.

Mit dem Savignyplatz verbindet sie eine lange und innige Beziehung. „Er versprüht einfach einen großen Zauber.“ Charlottenburg sei immer schon ein bedeutendes Galerienviertel gewesen. Auch Antiquariate, alte Kinos, Buchhandlungen, die Deutsche Oper, die Schaubühne und die Universität der Künste prägten den „kulturträchtigen“ Bezirk, findet Sadighi. „Hier gibt es ein Fundament, mit dem man wunderbar arbeiten kann als Kulturschaffende.“

Und eben jenes Fundament ist ihr besonders wichtig. Das sieht man in der Galerie „Anahita – Arts of Asia“ an der Schlüterstraße 16, wo sie sich mit außereuropäischen Antiquitäten befasst. Angesichts islamischer Kunst aus dem zwölften Jahrhundert oder persischer Kelims und japanischer Farbholzschnitte aus dem 19. Jahrhundert können Besucher erfahren, wie Altes auch im Heute wirkt. Anahita Sadighi möchte „Traditionen und Wissen mit dem Neuen verbinden“. So entstehe „eine besondere Bedeutung mit Tiefe, Komplexität und eine Bereicherung für den Ort“.

Der alte Berliner Westen eigne sich gut dafür und locke wieder mehr Galerien an, freut sich Anahita Sadighi. Außerdem wachse die Zahl junger Leute, die nach Charlottenburg umziehen – auch wegen der gemütlichen Kneipen, in denen „man Gott und die Welt trifft“ und „unterschiedliche Leute und Generationen an einem Tisch“ sitzen. „Ich liebe das.“

Zu Sadighis Konzept, Neues auf Altem aufzubauen, passt ihre Galerie für zeitgenössische Kunst. Diese hatte sie 2017 an der Schlüterstraße 14 gegründet, nur ein paar Schritte von ihrer ersten Kunsthandlung entfernt. Ausgestellt wird hier alles, was ausdrucksstark ist – gerne internationale junge Künstler:innen, die eine Verbindung zwischen den Kulturen herstellen, aber auch etablierte Maler:innen oder Fotograf:innen.

Zurzeit läuft die virtuelle Ausstellung Fake It Till We Make It von Stella Meris. Die junge Schweizer Künstlerin erkundet mit großformatigen, freien Malereien, einem Video sowie bunten und ausladenden Holzmasken das moderne Verhältnis zwischen Kunst und Religion. Die Masken werden virtuell als Instagram-Filter erlebbar und bilden so einen weiteren Aspekt des Gegenwartsphänomens Maske ab.

In der Coronakrise bleibt Anahita Sadighi positiv gestimmt, „trotz der Tragik, die die Situation natürlich mit sich bringt“. Gleichzeitig sieht sie aber neue Chancen und Perspektiven. „Durch das Entschleunigen hat man mehr Muße, Ideen und Projekte zu entwickeln. Es fühlt sich an wie eine Zeit der Transformation.“ Etwas Neues angehen also, und so schließt sich der Kreis.

Text: Katharina Hajek, Foto: Alessia Cocca / promo

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