Nachbarschaft
Veröffentlicht am 30.07.2021 von Cay Dobberke

Das digitale Zeitalter verändert das Berufsleben, die Kommunikation und die Freizeit vieler Menschen. Von Kindern bis hin zu Senioren wissen immer mehr Leute, wie man mit Computern, Tablets oder Smartphones umgeht. Aber welche Technik steckt dahinter? Der Bedarf nach Bildung in der Informationstechnologie sei „enorm“, sagen Sheikh Nabil Ahmed und Sally Wulke. Programmieren sei eine „Sprache der Zukunft“ und bilde „die Grundlage für so vieles“. Mit ihrem neuen Unternehmen CodexPro bringen sie Kindern spielerisch bei, wie es geht.
Dafür sind keine Codezeilen mit komplizierten Befehlen und Variablen nötig. Die Gründer setzen auf die visuelle Programmiersprache Scratch, die ein US-Professor vor 14 Jahren für Kinder und Jugendliche entwickelt hatte. Wie leicht sie sich anwenden lässt, zeigt beispielsweise auch die „Sendung mit der Maus“ des Westdeutschen Rundfunks auf der Webseite Programmieren mit der Maus. Für ein einfaches Computerspiel genügt es, ein paar selbsterklärende Elemente und Symbole zu kombinieren.
Das Start-Up versteht sich als „gemeinnützig“, obwohl es keine entsprechende Rechtsform hat. Sheikh Nabil Ahmed stammt aus Bangladesch, wo er für ein soziales Online-Netzwerk tätig war. Seit vier Jahren lebt er in Berlin und ließ sich hier zum Datenanalysten weiterbilden. In seinem Heimatland startete „CodexPro“ im Frühjahr als Franchise-Betrieb. „Ich kenne die Leute dort“, sagt er.
In Videokonferenzen werden zurzeit mehr als 50 Kinder aus einkommensschwachen Familien in Bangladesch unterrichtet – zum kleinen Preis von umgerechnet 6,50 Euro pro Monat und teils sogar noch kostenlos. Eine Expansion in weitere Entwicklungsländer ist geplant.
Die gebürtige Spandauerin Sally Wulke lebt nahe dem Brixplatz in Westend, wo auch unser Foto entstanden ist. Die 32-Jährige hat Wirtschaft mit dem Spezialgebiet Tourismus- und Eventmanagement studiert. Ihren gleichaltrigen Geschäftspartner, von dem die Idee für das Start-Up stammt, lernte sie durch Freunde kennen. Nun ist ihr Wohnzimmer als Homeoffice zur Firmenzentrale geworden.
Im August beginnen die ersten Berliner Online-Kurse für Kleingruppen aus sieben- bis zwölfjährigen Kindern. Als „Mentor“ will ein Informatiker und Programmierer die Videokonferenzen leiten, die in deutscher und englischer Sprache angeboten werden. Das Ganze soll viel Spaß machen, aber neben dem technischen Verständnis auch „lösungsorientierte und logische Denkweisen“ und die Kreativität fördern. Für insgesamt 224 Euro gibt es 28 Wochen lang je eine Stunde Unterricht sowie die Möglichkeit, die Online-Lernplattform mit weiteren Aufgaben, Projekten und Videos eigenständig zu nutzen. Später sollen Kurse für Elf- bis 17-Jährige und Workshops mit der anspruchsvolleren Programmiersprache „Python“ folgen.
Weil sie mit der neuen Firma „noch kein Geld verdienen“, haben beide Gründer ein zweites berufliches Standbein. Sally Wulke arbeitet bei der Tourismusgesellschaft Visit Berlin und vermarktet deren „Welcome Card“, während Sheikh Nabil Ahmed die Gäste im „Hard Rock Café“ am Kurfürstendamm bedient.
- Foto: Cay Dobberke
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