Nachbarschaft

Veröffentlicht am 22.10.2021 von Cay Dobberke

Sein Geschäft für nordisches Design bezeichnet Torben Pahl als „Gegenentwurf zu Möbelläden“, die aus Skandinavien „meistens nur Dänisches haben“ oder wie Ikea auf schwedische Gestaltung setzen. Bei Hartog an der Knesebeckstraße 68 besteht das Sortiment dagegen zu etwa 70 Prozent aus finnischen Produkten. Nebenbei betont Pahl, dass Finnland nicht zu Skandinavien gerechnet werden dürfe, sondern zu Nordeuropa gehört. Ende Oktober feiert der Händler das 85-jährige Bestehen von Hartog.

Unübersehbar sind die „Mumins“-Devotionalien. Die nilpferdartigen Trollfiguren, die ab 1945 durch Bücher der Schriftstellerin Tove Jansson populär wurden, zieren rund 160 Produkte. Das Spektrum reicht von Kinderkleidung und Masken bis zu Küchengeschirr und Tierfutternäpfen. Mumins-Bücher gibt es natürlich auch, nämlich einige der Comicbände von Tove Jansson.

Andere Einrichtungsgegenstände und Kleidung aus Finnland stammen großenteils von bekannten Marken wie iittala und Marimekko. Torben Pahl arbeitete früher selbst bei iittala. Als ausgebildeter Kaufmann war er der „Store Manager“ der Filiale an der Friedrichstraße in Mitte und auch für weitere deutsche Standorte zuständig. Pahl wurde in Schleswig-Holstein geboren. Dadurch lernte er vor allem das Nachbarland Dänemark, aber auch andere nordische Staaten kennen und lieben. Später erwuchsen Freundschaften auch aus seinem Job bei iittalla.

Für Reisen hat Torben Pahl inzwischen kaum noch Zeit. „Mehr als ein Mal im Jahr ist als Selbstständiger nicht drin.“ Er besucht aber regelmäßig Fachmessen in Kopenhagen. In seinem Geschäft hat er zwei Mitarbeiterinnen, von denen eine aus der Nähe von Helsinki stammt.

Neben Waren aus allen nordischen Ländern führt Hartog auch ein paar Designartikel aus Deutschland – und isländische Schokolade, damit auch der Inselstaat repräsentiert ist.

Die Firmengeschichte begann 1936, als Magda Hartog ihr Geschäft für (überwiegend deutsches) Kunsthandwerk am Kurfürstendamm 42 gründete. Die Räume wurden im Zweiten Weltkrieg beschädigt, heute residiert dort die Modemarke Bogner. Hartog zog bei der Wiedereröffnung in den späten 1940-er Jahren an die Knesebeckstraße um. Etwas später verlagerte die Händlerin den Schwerpunkt auf nordisches Design.

Pahl kennt Kund:innen, die noch bei Magda Hartog eingekauft hatten. 1983 übernahm deren Sohn Michael den Laden, 2008 ging der Betrieb auf das Ehepaar Lydia und Michael Lenhardt über. Torben Pahl ist seit 2017 der Chef.

Das Jubiläumsfest plant er für den 29. und 30. Oktober jeweils von 12 bis 20 Uhr. Es gibt Getränke, ein Gewinnspiel und Rabatte. Auf unserem Foto hält Pahl übrigens die klassische „Alvar-Aalto-Vase“ alias „Savoy-Vase“ im Arm.

Mit seinem Charlottenburger Standort ist der Händler zufrieden. Bei Hartog „lief es immer gut“. Die Coronakrise überstand der Laden nicht zuletzt durch den Onlineshop, den Pahl allerdings schon vor dem Beginn der Pandemie gegründet hatte. Gerne würde Pahl einen Dependance gründen – beispielsweise in Hamburg, wo es nach seiner Kenntnis kein vergleichbares Geschäft gibt. Nordisches Design sei gefragt, weil es „zeitlos ist“, sagt er.

Mit der finnischen Community in Berlin ist Pahl gut vernetzt. In der Botschaft des Landes in Tiergarten hätte es im vorigen Jahr beinahe einen Hartog-Pop-up-Store gegeben. Die geplante Kooperation scheiterte dann aber am Corona-Lockdown.

Pahl wohnt in Prenzlauer Berg und fährt in der Regel mit dem Fahrrad nach Charlottenburg. Er ist oft in der Umgebung seines Ladens unterwegs. Bücher zum Beispiel kauft er immer schräg gegenüber in der Knesebeckstraße in der „Marga Schoeller Bücherstube“. Diese ist noch älter als Hartog und besteht seit mehr als 90 Jahren. Sogar schon seit 1898 besteht „C. Adolph Eisenwaren“ am Savignyplatz. Dorthin zieht es Torben Pahl, wenn er mal Ersatzteile braucht.

  • Foto: Cay Dobberke
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