Intro
von Nele Jensch
Veröffentlicht am 17.10.2019
Jørn Taekker ist einer der Namen, die häufig fallen, wenn es um Verdrängung und Gewinnmaximierung mit Wohnraum in Berlin geht. Der dänische Investor ist bekannt für Spekulation mit Wohnungen, in den letzten Jahren stieß er viele seiner Berliner Projekte mit großen Gewinnen ab, die meisten davon mittels sogenannter Share Deals, die der Steuervermeidung im Immobilienhandel dienen. Die wohl bekannteste Immobilie des Berliner Taekker-Imperiums ist der Gebäudekomplex in der Lausitzer Straße 10/11. Neben langjährigen Mieter*innen haben dort verschiedene Gewerbetreibende, Künstler*innen und politische Initiativen ihr Domizil.
Als Taekker Anfang 2017 den Verkauf der Gebäude ankündigte, mussten sie schon einmal bangen. 20 Millionen hätte Taekker gerne für die beiden Gebäude, die er 2006 für gerade mal 2,3 Millionen von der Stadt erworben hatte. Nach Protesten von den Betroffenen selbst, Nachbarschaft und Politik kündigte Taekker an, vom Verkauf abzusehen und stattdessen gemeinsam mit den Mietenden nach einer „langfristigen Lösung“ zu suchen.
Danach wurde es erstmal ruhig um die „Lause“. Vor einem Jahr hieß es dann, Takker habe alle Verhandlungen abgebrochen, die Mieter*innen, unter ihnen auch der „Eismann der Herzen“ Mauro Luongo, fürchteten erneut ihre Verdrängung und gingen wieder auf die Straße (inklusive Eiswagen, wir berichteten). Nun ist die Verschnaufpause wohl endgültig vorbei: „Wir haben erfahren, dass Taekker die Lause offenbar noch bis Ende des Jahres verkaufen will“, sagte Jan Ole Arps vom Verein „Lause Lebt“ der „Taz“. Warum die Eile? Möglicherweise liegt das an einer gesetzlichen Neuregelung ab 2020: Von da an sollen sogenannte Share Deals höher besteuert werden.
Die Lause-Bewohner*innen haben bereits einen Plan, um ihr Haus langfristig zu sichern: Das Land soll die Liegenschaft erwerben (das Gelände bliebe also in öffentlichem Besitz), die Häuser selbst würden dem Konzept zufolge per Erbpacht von einer Genossenschaft gekauft und verwaltet, unter Beteiligung der Mietenden. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hält die Pläne für tragfähig, wie er der „Taz“ sagte.
Der Bezirk alleine kann das Projekt aber nicht stemmen, dafür ist die Kaufsumme zu hoch. Und selbst mit Hilfe des Senats müsste sich Taekker auf einen deutlich niedrigeren Preis einlassen. Das alleine würde allerdings nicht reichen: „Schon die Tatsache, dass es bei uns eine Mischform aus Wohnen und Gewerbe gibt, ist für die Förderrichtlinien der Senatsverwaltung ein Problem“, so Jan Ole Arps in der „Taz“. Auch Schmidt pocht auf mehr Flexibilität: Der Berliner Senat müsse „unter Beweis stellen, dass er komplexe Situationen bei Sicherung von Gewerbeimmobilien meistert“, schreibt der Stadtrat auf Twitter. Für Rückfragen vom Tagesspiegel standen leider weder Taekker noch der Bezirk noch die „Lause Lebt“-Aktiven zur Verfügung.
Nele Jensch ist freie Autorin beim Tagesspiegel. Offiziell wohnt sie zwar auf der Neuköllner Seite des Landwehrkanals, aber gefühlt ist die ja schon lange in Kreuzberg eingemeindet. Über Post freut sie sich auch unter nele.jensch@extern.tagesspiegel.de.