Kultur
Museum schockiert mit Ausstellung über Drogendealer*innen
Veröffentlicht am 02.11.2017 von Robert Klages
Gesehen hat die Ausstellung bisher noch niemand, auch nicht Monika Herrmann oder die zahlreich empörten Autor*innen, die darüber schreiben (Schupelius darf da natürlich nicht fehlen). Bereits vor der Eröffnung sorgt eine Ausstellung im FHXB-Museum für Aufsehen. Das Museum ist Teil des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg und befindet sich nahe dem Kottbusser Tor. Die Ausstellung trägt den Titel „Andere Heimaten: Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks“. Die Bild-Zeitung titelt: „Das gibt’s nur in Berlin: Museum feiert Drogendealer“. Der verantwortliche Künstler Scott Holmquist, ein in Berlin lebender Amerikaner, hatte vor einem Jahr per Bürger*innenantrag ein Denkmal für Dealer*innen gefordert. Das kam nicht durch. Nun die Ausstellung, zu deren Eröffnung am 21. November vermutlich einiges los sein wird.
Gefördert wird das Projekt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linken, dem Hanf Museum, einer Firma für medizinisches Cannabis sowie dem Kreuzberger Fußballverein THC Franziskaner. Selten hat das Museum wohl so viel Aufmerksamkeit erhalten. Etwas zu viel vielleicht: Auf meine Anfragen reagiert es nur mit der Bitte, ich möge mich an die Pressestelle des Bezirsksamtes wenden. Dort wiederum verweist man mich auf ein Statement von Monika Herrmann: „Die Ausstellung zeigt ein differenziertes Bild der Drogenhandels in dieser Stadt und beleuchtet die verschiedenen Facetten dieses Problems. Drogenkauf und -verkauf sollten nie einseitig betrachtet werden. Ohne Käufer*innen gäbe es keine Dealer. Auch dies soll die Ausstellung deutlich machen. Der Drogenhandel in Parks ist Teil der Lebensrealität von Bürger*innen in Friedrichshain-Kreuzberg und anderen Bezirken Berlins. Somit passt sie thematisch gut ins FHXB-Museum. Die Ausstellung ist keine Glorifizierung von Drogen oder ihrem Handel, sondern eine Auseinandersetzung mit einem Problem, das sich nicht dadurch löst, indem es totgeschwiegen wird.“
Ich bin gespannt auf die Ausstellung, die schon jetzt für so viel Wirbel sorgt. Es hört sich danach an, als seien es schlichte Infotafeln, die die Geschichte von einigen Menschen erzählen, die nun Drogen in Berlin verkaufen. Ihre Herkunft, ihren Werdegang, etc. Nachzulesen hier. Es wurden Leute befragt, die sonst keine Stimme bekommen. Die Ausstellung will sie zu dem machen, was sie sind: Individuen – und die enorme Ambivalenz ansprechen, die in Kreuzberg herrscht. Viele wettern gegen die Dealer*innen (*, obwohl ich noch keine Dealerin am Görli gesehen habe, doch mag es sie geben), aber viele nehme ihre Dienste in Kauf. Es kann ganz sicher nicht schaden, ihre Geschichten zu erzählen. Denn jede Geschichte ist es wert, erzählt zu werden – so auch die der Drogendealer*innen. Meine Tagesspiegel-Kolleg*innen werden sich dieser auch annehmen, zu lesen wohl am Wochenende.