Namen & Neues

Heiße Woche um das Areal Ratiborstraße 14

Veröffentlicht am 13.06.2019 von Corinna von Bodisco

Werkstattprozess der beteiligten Akteure und Verwaltungen am Mittwoch (wer da war hier, wer nicht da war hier lesen), Demo mit Nebelmaschinen und Trampolinen vor der Senatsverwaltung für Finanzen am heutigen Donnerstag (siehe „Kiezkamera“ weiter unten im Newsletter) und Tagung der Lenkungsgruppe zur Zukunft des Areals im Rathaus Kreuzberg am Freitag. Es geht heiß her um das Areal Ratiborstraße 14, auf dem aktuell rund 30 Kleinbetriebe mit Auszubildenden, der beliebte Biergarten Jockel, ein Wagenplatz und zwei Kitas angesiedelt sind.

Eigentlich arbeitet die Initiative R14 mit der Nachbarschaft seit eineinhalb Jahren an einem Modellprojekt, das ein langfristiges Miteinander von Geflüchtetenwohnen und Handwerk sichern soll („Kreuzberger Mischung“). Diese Variante ist sowohl ein Versuch, das Kleingewerbe an diesem innerstädtischen Standort zu schützen, als auch langfristiges Wohnen statt nur eine temporäre Unterbringung für Geflüchtete zu realisieren. Grundsätzlich begrüßen die Initiative und die Anwohnerschaft Geflüchtetenwohnen auf dem Areal – nur eben nicht als MUF (Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge, Anm. d. Red.), sondern eben innovativer und kleinteiliger. Die Leute sollen auf dem Areal „langfristig ankommen und wohnen können“, sagt Initiativensprecher Moritz Metz.

Demo und „am wenigsten widerstandserregende Variante“. Bei der heutigen Kundgebung vor der Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) protestiert die Initiative gegen eine „Vernebelung des kollektiven Prozesses“ rund um das Gelände und für ihre Forderungen. R14 wünscht sich vom Senat mehr Transparenz und einen verbindlichen Kooperationsvertrag über die Nutzungskonditionen. Beim gestrigen Werkstattprozess wurde gefragt, welche Bebauungsvariante R14 am ehesten zustimmt:

Bebauung des Wagenplatzes und Teil des Biergartens. Als „am wenigsten widerstandserregende Variante“ wurde eine Bebauung im Bereich des Wagenplatzes, der Waldorfkita und eines Biergartenteils ermittelt, erzählt Metz. Aber nur, weil auf dem Areal Ersatz gefunden werden kann. Trotzdem gilt laut R14: „Die von uns anvisierte Kreuzberger Mischung ist mit den Senats-Vorgaben unmöglich geworden“.

Die Unterbringung von Geflüchteten sei eine „gesamtstädtische Aufgabe“, sagt dagegen die Sprecherin vom Senat für Finanzen (SenFin). Und obwohl Friedrichshain-Kreuzberg über weniger freie Flächen wie beispielsweise Marzahn-Hellersdorf verfügt, solle der Bezirk (der sich von Großunterkünften wie MUFs schon 2018 öffentlich distanzierte, Anm. d. Red.) seinen Teil zu dieser Aufgabe beitragen. Primär gehe es dem Senat darum, dass die für den Kauf ausgesuchte Berlinovo Grundstücksentwicklungs GmbH (BGG) auf dem Areal Ratibor eine MUF mit 250 Plätzen baut. „Um das Sonderbaurechts-Eiltempo einzuhalten, möchte die BGG sofort mit einer Bauantrags-Planung beginnen“, sagt Metz zum Zeitplan. Also keine Chance, etwas Anderes zu entwickeln.

Ergo: Schnellbauweise statt verteiltes Wohnen. Die Kaufverhandlungen zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), aktuelle Eigentümerin des Geländes, und dem Land Berlin laufen noch. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde dem Bund vor Kurzem eine Zweckerklärung mit dem Kriterium „Flüchtlingswohnen“ für das Areal abgegeben, erklärt die Sprecherin weiter. Das Kriterium „lokales Gewerbe“ würde nicht durchkommen, „da kommen wir vielleicht mal hin“. Vorrang hätten Bedarfe mit „erster Notwendigkeit“ (Flüchtlingswohnen, Kitas etc.). Trotzdem seien Gewerbenutzungen auf dem Rest des Areals nicht ausgeschlossen.

Bezirk hat eine Studie für dezentrales Wohnen in der Schublade. Diese sieht u.a. eine Verteilung von Geflüchtetenwohnen auf mehrere kleine Standorte vor. Veröffentlicht ist das Papier aber noch nicht und wird aktuell im Bezirksamt diskutiert. Über den Zeitpunkt der Veröffentlichung konnte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) deswegen noch nichts Genaueres sagen. Was sie sagt: „Unabhängig davon gibt es in der Tat verschiedene Möglichkeiten für kleinere Wohnansiedlungen“. Ob diese im Falle des Areals Ratibor 14 noch greifen, ist unklar.

Dann machen wir die Integration eben alleine. Wenn der Senat das innovative Modellprojekt nicht zulässt, will die Initiative das eben im Alleingang schaffen, meint Metz. Dafür muss das Land jedoch erst eine langfristige Nutzung, beispielsweise über Erbpacht, ermöglichen. „Wir wollen diesen Sommer ein Modell erarbeiten, wie sich Gewerbe, Kitas, Wagenplatz, Stadtnatur und Integration, zum Beispiel mit Werkstätten für Geflüchtete, mit Ausbildung und Beratung ganz im Sinne der Kreuzberger Mischung verbinden lassen. Jetzt erst Recht!“, so der Initiativen-Sprecher. Die Nachbarschaftsinitiative dagegen ist aus Protest gegen den Senat und die BGG aus den Gesprächen ausgestiegen und nahm am Werkstattgespräch gestern nicht teil.