Namen & Neues
Welche Straße für Audre Lorde? Vorschläge sind willkommen
Veröffentlicht am 20.02.2020 von Corinna von Bodisco
Eine Straße im Bezirk soll nach der preisgekrönten afroamerikanischen, lesbischen Dichterin und Aktivistin Audre Lorde benannt werden. Das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf Grundlage eines Antrages der Grünen im Februar 2019.
Die US-amerikanische Schriftstellerin arbeitete nach ihrem Studium in New York vier Jahre als leitende Bibliothekarin und als Professorin für Englische Literatur. Sie verbrachte auch viel Zeit in Berlin: 1984 war sie Gastprofessorin am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität und ermutigte als solche Afro-deutsche Frauen schreibend öffentlich sichtbar zu werden. Lorde trug maßgeblich zur Entstehung einer afro-deutschen Bewegung in Berlin bei, vor allem einer Schwarzen Frauenbewegung.
Beteiligungsveranstaltungen. Die „entsprechende Beteiligung der Anwohner*innen und Gewerbetreibenden“ ist laut Antrag Bestandteil des Umbenennungsprozesses. Dieses Beteiligungsverfahren startete vergangenen Dienstag im FHXB-Museum mit dem Film von Dagmar Schultz über Lordes Berliner Jahre. Im März sind drei weitere Veranstaltungen geplant, so wird am 5. März ab 19 Uhr das Leben und Werk der Schriftstellerin im FHXB-Museum vorgestellt (weitere Daten, Orte und Infos stehen hier).
„Bei jeder Veranstaltung können Vorschläge für potenzielle Straßen gemacht werden“, sagte mir Annika Gerold (Grüne). Eine Diskussion und Abstimmung darüber, welche Straße der BVV zur Benennung nach Audre Lorde vorgeschlagen wird, ist für den 2. April, 19 Uhr im Ballhaus Naunynstraße geplant.
Offener Protestbrief zum Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Zwischen dem 22. und 26. August 1992 kam es zu massivsten rassistisch motivierten Angriffen gegen die „Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber“ und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeitende in Rostock-Lichtenhagen. Lorde hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Deutschland auf und verfasste gemeinsam mit der Professorin Gloria Joseph einen offenen Protestbrief an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, der im Tagesspiegel erschien. Hier ein Auszug:
„Rostock und Hoyerswerda und Übergriffe und Morde an schwarzen Deutschen, Afrikanerinnen, türkischen und asiatischen Menschen in den letzten drei Jahren werfen nicht lediglich die Frage auf, wie viele Ausländerinnen in Deutschland zugelassen werden können oder wie viele ausgeschlossen werden müssen. Ausschlaggebend sind die fundamentalen Fragen von Rassismus, Antisemitismus und Xenophobie, Probleme der deutschen Psyche, die in den letzten 50 Jahren nicht wirklich untersucht und angesprochen wurden und die das gegenwärtig ausgedrückte Bewußtsein der breiteren deutschen Gesellschaft durchdringen.“
Politische Aktion und Sprache – gegen Rassismus und gegen den Krebs. Vierzehn Jahre lebte Lorde mit dem Krebs, schrieb ein Buch darüber („Auf Leben und Tod – Krebstagebuch“, deutsch 1984) und sprach mit Offenheit über ihre Krankheit. „Sie war der Überzeugung, daß Schweigen schadet, daß man ‚an dem Schweigen ersticke‘, daß nur das ‚Bedürfnis nach Klarheit und Sprache‘ uns dazu bringen könne, die Angst in Aktion zu verwandeln“, schrieb Kollegin Dorothee Nolte im Nachruf. Mit 58 Jahren verstarb Lorde im November 1992 in der Karibik.