Namen & Neues
Traditionsunternehmen kündigt Ateliergemeinschaft - weil diese keine siebzigprozentige Mietsteigerung zahlen kann
Veröffentlicht am 02.04.2020 von Nele Jensch
Die folgende Meldung hat ausnahmsweise nichts mit Corona zu tun, erfreulich ist sie leider dennoch nicht. Eine Ateliergemeinschaft in Kreuzberg hat eine Mieterhöhung von 70 Prozent erhalten. Das trotz der massiven Steigerungen, die wir hier gewöhnt sind, auch in Berlin ungewöhnlich. Und für die Betroffenen unbezahlbar: Mieterin ist die Ateliergemeinschaft in der Glogauer Straße 6; die Künstler*innen können sich die mehr als 15 Euro pro Quadratmeter schlichtweg nicht leisten. Das teilten sie ihrem Vermieter mit, als er die Erhöhung im Herbst 2019 ankündigte, und sie mit der „im positiven Sinne dynamischen Markentwicklung“ in den letzten Jahren begründete. Daraufhin erhielt die Ateliergemeinschaft die Kündigung ihres Mietvertrags zum 31. Mai diesen Jahres.
Der Vermieter ist übrigens kein*e bekannte*r Immobilienspekulant*in, sondern das Traditionsunternehmen Arnold Kuthe Immobilienverwaltungs-GmbH. Kaum einen Straßenzug gebe es in Berlin, an dem Kuthe nicht beteiligt war, erzählte Geschäftsführer und Gesellschafter Stefan Freymuth 2013 dem Tagesspiegel. Nun soll das Künstleratelier also weichen – „damit noch mehr Geld verdient werden kann“, sagt Coni Pfeiffer von der Mieter*inneninitiative „GloReiche Nachbarschaft“. „Die Ateliergemeinschaft ist nicht der erste Verdrängungsfall in der Glogauer Straße 6“, so Pfeiffer.
Deshalb hat die GloReiche einen „offenen Kiezbrief“ verfasst, in dem Kuthe aufgefordert wird, die Verhandlungen wieder aufzunehmen und einen fairen, langfristigen Mietvertrag vorzulegen. „Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und sorgen Sie für den aktiven Erhalt der Kunst- und Kulturstruktur in Berliner Kiezen und vor allem in Kreuzberg“, heißt es abschließend. Schön wäre es – auf eine entsprechende Anfrage des Tagesspiegels antwortete Kuthe bis Redaktionsschluss leider nicht. Die Künstler*innen aus der Glogauer haben eine Petition auf change.org erstellt, die Sie hier ansehen und ggf. unterschreiben können. – Text: Nele Jensch
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