Namen & Neues
Zukunft des Areal Ratibor unsicher
Veröffentlicht am 20.05.2020 von Corinna von Bodisco
Es ist ein langer Prozess: Seit drei Jahren werden Nutzungskonzepte für das Kreuzberger Ratiborgelände am Dreiländereck entwickelt; seit einem Jahr laufen die Kaufverhandlungen zwischen dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Finanzen, und der derzeitige Eigentümerin des Geländes, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Anfang der Woche schlug die Initiative Areal Ratiborstraße 14 e.V. Alarm: „Senat stoppt Kauf des Areals Ratiborstraße 14“ – angeblich wegen gestiegener Bodenpreise.
Zur Erinnerung: Das Gelände wird derzeit von zahlreichen Kleingewerben, zwei Kitas und dem Biergarten Jockel genutzt. Das Land Berlin plant zudem eine Modulare Unterkunft für Geflüchtete (MUF) mit etwa 250 Plätzen. Die Baugenehmigung für die MUF durch die Berlinovo Grundstücksentwicklungsgesellschaft (BGG) als Bauherrin wurde kurz vor Jahresende (Dezember 2019) von der Obersten Bauaufsicht im Eilverfahren genehmigt.
Der Rest des Areals soll aufgeteilt werden: an den Bezirk, einen landeseigenen Kitaträger und – in 60-jähriger Erbpacht- und Patenschaft der Senatsverwaltung für Wirtschaft – an die Genossenschaft Ratibor14 e.G. Auf diesem Weg könnten alle Nutzerinnen und Nutzer bleiben. Manko: Der beliebte Biergarten muss einen Teil seiner Fläche abgeben, vier (geschützte) Bäume gefällt und eine über 100 Jahre alte Ulme beschnitten werden.
Areal-Zukunft in Gefahr? Sollte das Land Berlin nun aber seine (Kauf-)Pläne ändern, ist laut der Nutzerinnen-Initiative auch die Zukunft der restlichen Pläne unsicher. Bei einer angemeldeten Kundgebung demonstrierten deswegen Aktive der Initiative am Dienstagvormittag vor dem Roten Rathaus mit Abstand, Schildern, Nebelmaschine und „Lauratibor“-Operngesang gegen „Intransparenz und Unsicherheit in der Landespolitik“.
Finanzsenator verhandelt: Die Finanzverwaltung teilt auf Anfrage jedoch mit, dass die Verhandlungen zum Erwerb des Grundstücks durch das Land Berlin derzeit noch laufen. „Ein wichtiges Element der Gespräche ist natürlich auch die künftige Nutzung (MUF, Gewerbe, Kita, Grünfläche)“, sagt Sprecherin Eva Henkel. Ob weiterhin an den MUF-Plänen festgehalten wird, sagt sie allerdings nicht. Keine öffentliche Rede also von einem Rücktritt beim Ankauf oder zu teurem Kaufpreis.
Wirtschaftsverwaltung will kaufen: Bisher wurde noch keine offizielle Vorlage über eine Änderung der Kaufpläne eingebracht. Staatssekretärin Barbro Dreher hat gegenüber der Finanzverwaltung allerdings schon deutlich gemacht, dass die Wirtschaftsverwaltung nicht vom Ankauf zurücktreten will. „Wir sind weiterhin daran interessiert, das Grundstück mit den vorhandenen Gewerbe zu kaufen“, sagt Dreher. Mit den Gewerbetreibenden seien in jahrelangen Bemühungen konstruktive Ergebnisse, eine gute Einigung und ein abgestimmtes Konzept erzielt worden.
Initiative will kein „Handwerker-Manhattan“. So ganz fertig sei das Konzept laut Nutzer-Initiative allerdings nicht. Es bestünde noch Uneinigkeit über die perspektivische Verdichtung mit Gewerbeflächen und Gewerbetreibenden. Die Nutzerinnen und Nutzer streben eine Verdopplung an, um die „Berliner Mischung“ aus Kleingewerbe, Sozialem, Kultur und Stadtnatur zu erhalten. Die bezirkliche Wirtschaftsförderung dagegen fordere eine Versechsfachung der Produktionsflächen. Da wäre sie wieder, die Gefahr der Gewerbegentrifizierung.
Dauer der Verhandlungen. Darüber, wie lange die Kaufverhandlungen mit der BImA noch andauern, konnte der Senat aktuell nichts sagen. Laut der Initiative Ratibor 14 endet das Angebot der BImA in zehn Tagen. Fortsetzung folgt.
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