Namen & Neues

Mega-Buch und dritter Protest für den Buchladen Kisch&Co

Veröffentlicht am 30.07.2020 von Corinna von Bodisco

 

Der Kiez hält den ganzen Sommer über die Stellung in der Oranienstraße 25. Am gestrigen Mittwochabend fand bereits die dritte Kundgebung („Volle Breitseite #3“) für den Erhalt des beliebten Buchladens Kisch&Co statt – mit Kulturprogramm, Siebdruck und einer Buch-Soli-Aktion.

Einen besonderen Überraschungsgast gab es auch: die Schauspielerin Meret Becker mit E-Gitarre (Fotos hier, kurzes Video hier). Ihr Songtext: „Danke Kapitalismus du Arschloch. Kapitalismus, der sehenden Auges Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lässt. Der dafür sorgt, dass dieser Bezirk verkauft wird. In meiner Schule gab es Mädchen, die durften hier nicht her. Und jetzt wird alles verkauft“ (Q.: Bizim Kiez, Twitter).

Zur Erinnerung: Anfang des Jahres wurde das Gebäude an den Immobilienfonds „Victoria Immo Properties V S.a.r.l.“ aus Luxemburg verkauft – die Buchhandlung soll weichen, seit Juni ist sie ohne Mietvertrag (wir berichteten hier und hier). Über die Anwältin des Anlagefonds wurde Anfang Juni mitgeteilt, dass der Buchladen die Geschäftsräume bis zum 19. Juni zu übergeben hätte, ein Folgemietvertrag sei schon abgeschlossen. Dieser Aufforderung folgte Kisch&Co nicht, deswegen drohen Schadenersatzforderungen. Auch für andere Gewerberäume im Kiez wurden laut Bizim Kiez zum Teil Mietsteigerungen von 13 auf 38 Euro pro Quadratmeter angekündigt.

„Mega-Buch des Protests“ füllt sich. Die Nachbarschaft nimmt den Rauswurf nicht widerstandslos hin. Aktive protestieren nicht nur, sie füllen auch ein dickes Protestbuch mit individuellen, DINA1 großen „Breitseiten“. Sie sind gemalt, gelayoutet, collagiert, fotografiert. Da gibt es beispielsweise das Foto eines Mannes, auf seinem Oberkörper der eingeritzte Schriftzug „Geld ist Gewalt“ – oder viele Zeichnungen als Hommage auf Bücher. Eine Dokumentation der bisherigen Seiten gibt es auf nage-netz.de.

Ob der Protest hilft, ist unklar. Was klar ist: Die neuen Eigentümer haben über 40 Kiezinitiativen, Buchläden oder Gastrogewerbe aus dem Kiez gegen sich (Liste hier).

 

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