Namen & Neues
Ärger um die Fußgänger*innenzone in der Krautstraße
Veröffentlicht am 17.06.2021 von Corinna von Bodisco
Im Mai 2021 begann das Bezirksamt mit der Einrichtung einer Fußgänger*innenzone in der Friedrichshainer Krautstraße. Außer für Rettungs- und Versorgungsfahrzeuge ist das Durchfahren, Halten und Parken seitdem in der Zone nicht mehr erlaubt. Bereits Ende 2020 gab es Proteste von Anwohner*innen gegen das Vorhaben, nun warf die Linke dem Bezirk kürzlich vor, auf „Beteiligung bzw. Einbeziehung der Anwohner*innen und Initiativen verzichtet“ zu haben.
Konkret geht es um einen Teilabschnitt der Straße – etwa 50 Meter zwischen Kleine Markusstraße und der Hauszufahrt Lange Straße. Links und rechts der Mini-Zone befinden sich zwei Spielplätze, die durch die Zone verbunden und „die Verkehrssicherheit insbesondere für die jüngsten Verkehrsteilnehmenden zwischen den beiden Spielplätzen erhöht werden“ soll. So steht es in einem von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) unterzeichneten Info-Schreiben an die Anwohner*innen Ende 2020. Weitere Gründe: Flächengerechtigkeit und Klimabewusstsein.
Kritik. Schon zum Zeitpunkt der Aushänge regten sich in der Nachbarschaft erste Proteste gegen das Vorhaben. Der Mieterbeirat der angrenzenden Wohngebäude Lange Straße nannte die Absicht zur Sperrung der etwa 50 Meter als „abstrusen Einfall“ und „Machtmissbrauch“. Die Anwohner*innen seien vorher nicht gefragt und erst durch den Aushang „von dem Beschluß der BVV zur Umwidmung und Teilsperrung der Krautstr. in Kenntnis gesetzt“, sagt Wolfgang Ewald vom Mieterbeirat.
Der Beschluss: Die Umgestaltung von vier Fußgänger*innenzonen, darunter auch die Krautstraße, wurde im Mai 2020 von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bestätigt (namentlich die Drucksache „Widmung von Straßenzügen zu vier Fußgänger*innenzonen“). In diesem Antrag würde – so betonen es die Linken – explizit auf die Mitwirkung und Einbeziehung diverser Initiativen und Bürger*innen bei der Entwicklung der Maßnahmen für das Fußverkehrskonzept hingewiesen. Das sei jedoch nicht geschehen.
Deswegen forderte die Fraktion, die Umwidmung der Krautstraße auszusetzen oder rückgängig zu machen, „bis im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens eine abschließende verkehrspolitische / verkehrliche Lösung gefunden wird.“ Der Antrag wurde allerdings am 10. Juni vom Verkehrsausschuss und am 17. Juni vom Bezirksparlament abgelehnt.
Das Problem: „Um die Teilsperrung zu umfahren, fahren jetzt die Autos vermehrt durch die Einbahnstraße Kleine Markusstraße und damit direkt an den Ein- und Ausgängen der Spielplätze vorbei, was jetzt die Situation für die Kids zunehmend gefährlicher macht“, erklärt Ulrike Juda (Linke).
In einem ausführlichen Papier legte auch der Mieterbeirat im Februar Argumente gegen das Projekt der Fußgänger*innenzone vor. Darin steht u.a.: Verkehrsunfälle mit Kindern in der Krautstraße seien nicht bekannt und außerdem müsse durch die Sperrung der gesamte Verkehr von der Holzmarktstraße Richtung Singerstraße durch die Lange Straße geführt werden. Eine Verkehrsberuhigung begrüße man, zum Beispiel mit Maßnahmen wie Tempo 10. Doch die Sperrung bedeute eine Verschlechterung des Wohnumfeldes.
Im März 2021 habe eine vom Mieterbeirat eingeforderte Begehung stattgefunden – gemeinsam mit der WBM, dem Grünflächenamt, Anwohner*innen und der Bezirksbürgermeisterin. „Dort wurde uns mitgeteilt, dass der Termin zur Sperrung eigentlich der 01.01.2021 war und man sich in Verzug befinde. Der BVV Beschluss ist bindend und unwiderruflich umzusetzen“, berichtet Ewald. Bei einer Flugblattaktion mit Unterschriftensammlung hätten über 300 Menschen unterschrieben.
Was sagt das Bezirksamt? Die Bürgerbeteiligung „zur langfristigen Ausgestaltung der Fußgänger*innenzone Krautstraße und der anliegenden Spielplätze“ sei noch nicht abgeschlossen“, sagte Monika Herrmann auf eine Anfrage der Linken. Dabei sollen auch Anwohner*innen einbezogen werden. Das Straßen- und Grünflächenamt habe zudem weitere Stellen angemeldet, „damit die Kommunikations- und Beteiligungsprozesse zukünftig professionalisierter durchgeführt werden können“. So ganz glatt lief der Prozess also nicht, kann man hier herauslesen.
Es gibt aber auch Befürworter*innen der Umgestaltung. So begrüßten laut Herrmann viele Eltern die Spielplatzsicherheit. „Ich bin Anwohnerin der Krautstraße und Mutter eines 8-jährigen Kindes. Gerade habe ich den Beitrag in der RBB-Abendshow zur Sperrung der Krautstraße gesehen und erlebe hautnah das Bemühen einiger Bewohner, diese rückgängig machen zu wollen. Ich befürworte ausdrücklich diese Sperrung“, zitiert Herrmann in ihrer Antwort auf die Linken-Anfrage.
- Eckdaten: Bisher handelt es sich um eine „Pop-up-Fußgänger*innenzone“, am 21. Juni startet auch eine Online-Beteiligung auf meinberlin.de bezüglich der Neugestaltung der Spielplätze. Nach dessen Abschluss soll die Fußgänger*innenzone dann final eingerichtet werden und bleiben.