Kiezgespräch

Veröffentlicht am 20.08.2020 von Nele Jensch

240 Parkraum-Kontrolleur*innen lernen um: Sie überwachen bald die Einhaltung der Corona-Regeln, kündige Innensenator Andreas Geisel (SPD) Ende letzter Woche an. Grundsätzlich natürlich löblich, dass die Hygienevorschriften kontrolliert werden sollen – aber umgekehrt bedeutet das leider auch: Falschparker*innen sind bald im Corona-Glück, wenn die Kontrolleur*innen künftig Tickets für fehlenden Mundschutz statt fürs Parken auf dem Radweg verteilen. „In Pandemiezeiten ist das Parkverhalten nicht ganz so prioritär“, begründet Geisel das Vorgehen. Die ersten Ordnungsamtmitarbeiter*innen sollen bereits Ende September bei der Pandemiebekämpfung eingesetzt werden. Die Maßnahme gilt zunächst befristet bis zum Ende September 2021 – Geisel sieht damit „die Ordnungsämter personell gestärkt“.

So kann man das Abziehen von Mitarbeiter*innen aus ihrem bisherigen Tätigkeitsbereich natürlich auch nennen –  Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) sieht das ein bisschen anders: „Da gibt es überhaupt gar keine Verstärkung der Ordnungsämter! Temporäre Umschichtung, mehr ist das nicht – es wirklich unglaublich“, schreibt Herrmann wütend auf Twitter. Die Bürgermeisterin meckert aber nicht nur, sondern macht gleich einen konkreten Vorschlag, wie man mit dem ohnehin eklatanten Personalmangel im Ordnungsamt umgehen könnte: „Die Verkehrsüberwachung wird vom Ordnungsamt ans Straßen- und Grünflächenamt (SGA) übertragen, der beschlossene Personalabzug wird dort durch die elektronische Überwachung wie in Holland kompensiert“, schlägt Herrmann ebenfalls auf Twitter vor.

„Es gibt bislang für Berlin noch keine konkreten Pläne für eine elektronische Überwachung des Parkraummanagements sowie des restlichen ruhenden Verkehrs  – also Falschparker*innen – , wie sie bereits in den Niederlanden beispielsweise in Amsterdam, Utrecht und Haarlem praktiziert wird“, erklärt Herrmann auf Nachfrage. Die dort eingesetzte Technik könne sowohl Autos erkennen, die keinen Parkschein gelöst haben, als auch solche, die beispielsweise auf dem Geh- oder Radweg stehen. In Städten und Gemeinden, in denen die Technik eingesetzt wird, sei die Höhe der eingenommenen Bußgelder gestiegen. Zudem würden mehr Autofahrer*innen aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden, Parkscheine ziehen.

Weiterer positiver Effekt: Der Einsatz von Technik ist weniger personalintensiv. Aktuell arbeiten im Bereich Parkraumüberwachung in Friedrichshain-Kreuzberg 80 Mitarbeiter*innen. Wenn, wie beschlossen, im gesamten Bezirk Parkraumzonen eingerichtet sind, würde das Ordnungsamt hierfür 150 bis 200 weitere Mitarbeiter*innen benötigen, erklärt die Bürgermeisterin. „Beim Einsatz der Technik zur Parkraumüberwachung und Kontrolle des ruhenden Verkehrs bekäme das Ordnungsamt also Verstärkung für das Vorgehen gegen Ordnungswidrigkeiten außerhalb des ruhenden Verkehrs.“

Reine Utopie ist die Überlegung nicht: Sie habe bereits Gespräche zum Thema mit Verkehrssenatorin Regine Günther geführt, erklärt Herrmann. Friedrichshain-Kreuzberg stünde als Pilotbezirk zur Verfügung. – Text: Nele Jensch
+++
Dieser Text erschien zuerst im Tagesspiegel-Newsletter für Friedrichshain-Kreuzberg. Die Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke (mit schon 220.000 Abos) gibt es kostenlos und in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de
+++
Mehr Top-Themen im aktuellen Tagesspiegel-Newsletter für Friedrichshain-Kreuzberg. Hier eine Auswahl

  • Stadt erwägt Ankauf der Rigaer Straße 94 – neue Räumungsklage gegen „Kaderschmiede“ eingereicht
  • Vermüllung von Parks: Bürgermeisterin appelliert an Verantwortungsbewusstsein
  • Angeblich ungenügende Hygienestandards: Initiative kritisiert Markthalle Neun
  • Im Interview: Die Schriftstellerin Zora del Buono erzählt von ihrem neuen Roman und dem Leben im Bergmannkiez
  • Lausitzer Platz: Kiezdemokratie im Straßenplenum
  • Neue Fahrradstellplätze im Bezirk
  •  BVV-Anträge der SPD: Clubkultur retten, Schulbau vorantreiben
  • Überraschungsgeschenk inklusive: Bezirk lädt Erstklässler*innen in die Bibliotheken
  • Parkraum-Kontrolleur*innen werden umgeschult – Bürgermeisterin Herrmann bringt elektronische Verkehrsüberwachung ins Gespräch
  • Workshop: Mini-Biotope in der Stadt anlegen
  • Neues Logo für Berolina Stralau 
  • …und noch viel mehr Kiez-Nachrichten, Termine und Tipps in den Tagesspiegel-Newslettern für die 12 Berliner Bezirke – kostenlos und in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de