Kiezgespräch

Veröffentlicht am 10.12.2020 von Nele Jensch

Was macht einen Kiez zu einem Kiez? In erster Linie natürlich die Menschen, die dort leben – aber was bleibt von denen, die wegziehen, und wie werden Neubürger*innen ein Teil vom Kiez, wie entsteht eine Gemeinschaft? Nicht zuletzt durch Geschichten: vom Erzählen über Vergangenes über Diskussionen über das Hier und Jetzt bis hin zu Plänen für die Zukunft.

Deshalb soll im Wrangelkiez ein besonderes Projekt entstehen: die „Kiezgeschichten“, initiiert vom Verein Stadtprojekte e.V.. Als Boxen (ähnlich wie Fotoboxen) an verschiedenen Stellen im Kiez ebenso wie als App sollen sie dabei helfen, sich mitzuteilen, zu erinnern und informieren. Die Idee überzeugte jetzt auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Die Kiezgeschichten erhalten eine Konzeptförderung in Höhe von 12.500 Euro, zudem besteht die Aussicht auf eine anschließende Umsetzungsförderung in Höhe von 200.000 Euro.

„Die Kiezgeschichten sind zunächst eine Ideen-Skizze für neue Austauschformen im Kiez rund um Wohnen und Nachbarschaft“, erklärt Initiatorin Nada Bretfeld auf Nachfrage. Mit der Förderung durch das BMBF gehe es nun bis Ende Mai 2021 in die konkrete Konzeptphase: Kooperationspartner*innen sollen zusammen gebracht, ältere und jugendliche Bewohner*innen für das Konzept-Team gewonnen werden. Auch soll mit einem Prototyp die physische Box und die App getestet werden. Eine Box gibt es zwar noch nicht, dafür aber „diverse Kooperationspartner*innen, die bereits Kiezgeschichten aufgenommen haben“, erzählt Bretfeld.

Der eigensinnige Wrangelkiez, der viel Kreuzberger Quintessenz beinhaltet, steht bis heute für Widerständigkeit und Solidarität, aber auch für das gemeinsame Ringen und Aushandeln des Nebeneinanders sehr unterschiedlicher Bewohner*innen. Er ist nach wie vor ein Ort verschiedener Nachbar*innen, deren Geschichten vom Ankommen und Bleiben-Wollen handeln, und von umkämpften Orten und Räumen im Kiez. Das Ziel der Kiezgeschichten besteht auch darin, den Austausch zwischen den vielfältigen Bewohner*innen des Kiezes zu fördern und das Wissen der Generationen zu verbinden.

„Wir wollen das Wissen über die Nachbarschaft von Älteren und Jüngeren zusammenbringen“, erklärt Sigrun von Stadtprojekte. Dabei könne es beispielsweise um aktuelle Konflikte wie Spritzenfunde auf Spielplätzen und die Vermüllung des öffentlichen Raums gehen. „Haben wir hier schon seit dreißig Jahren würden die einen sagen, bringen wir heute mit ’ner App in Ordnung sagen vielleicht andere. Voneinander erfahren und lernen kann den Weg weisen.“

Bereits bei der Planung ist Hilfe sehr willkommen: Wer Interesse hat, kann an kiezgeschichten@stadtprojekte.org schreiben – oder sich erstmal weiter informieren: stadtprojekte.org.