Nachbarschaft
Veröffentlicht am 12.10.2017 von Nele Jensch

Katharina Gapski, 39 (Foto erste Reihe in der Mitte), ist Produktionskoordinatorin beim Film und engagiert sich ehrenamtlich bei „Kreuzberg hilft“. Die Initiative entstand im August 2015, um Geflüchtete im Kiez zu unterstützen.
Wie sieht die Unterstützung von „Kreuzberg hilft“ für Geflüchtete ganz konkret und praktisch aus? Im Mittelpunkt der Arbeit steht unser Spendenraum, mit welchem wir berlinweit Sachspenden ausfahren. Darüber lernen wir die Bedürfnisse der geflüchteten Menschen kennen und auch deren Unterstützer*innenkreise kennen. Diese gilt es, zu kommunizieren oder sie sogar durch geeignete eigene Aktionen oder Projekte zu unterstützen. In unserem inzwischen ordentlich gewachsenem Netzwerk unterstützen wir uns gegenseitig.
Kreuzberg ist ein linker, multikultureller Bezirk. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass Ihr viel Unterstützung erhaltet – ist das tatsächlich so? Es ist wahr, dass wir den Luxus haben, auf die breite Unterstützung der Bürger*innen und auch der Verwaltung bauen zu können. Dadurch wird nicht jedes Problem gelöst und auch wir bemerken den Rücklauf zur Bereitschaft ehrenamtlicher Tätigkeit. Denn man darf nicht vergessen, „Kreuzberg hilft“ ist rein ehrenamtlich organisiert und das mitunter am Rande der seelischen und körperlichen Erschöpfung.
Auch in Kreuzberg gibt es leider nach wie vor Rassismus und Xenophobie. Werdet Ihr angefeindet? Zum Glück vergleichsweise wenig. Eine Ausstellung im Rathaus wurde im letzten Jahr verschandelt – das war schon eine seltsame Erfahrung. Da ich selber nicht in die Betreuung der Facebookseite involviert bin, weiß ich nicht, wie es da aussieht – Hasskommentare lassen unsere Admins nicht durch. Wir sind aber auch angetreten, um mit einem niedrigschwelligem Angebot den Bürger*innen das Mitmachen zu erleichtern. Da gibt es zuweilen eher Unmut auf uns, wenn wir Spenden ablehnen müssen; manchmal muss das sein, zum Beispiel, wenn es ungeeignete Sachen sind, die Qualität mangelhaft ist oder wir aus Platzgründen nur aktuelle Saisonwaren annehmen können.
Wie bist Du persönlich zu „Kreuzberg hilft“ gekommen? Ich habe eine Einsatzmöglichkeit gesucht, um mich im Sommer 2015 nützlich machen zu können.
Engagiert sich „Kreuzberg hilft“ auch politisch? Nun, natürlich ist das, was wir machen, politisch. Wir unterstützen Menschen auf der Flucht beim Ankommen an einem Ort, der – vielleicht vorübergehend, vielleicht für immer – ihre Heimat sein wird. Wir kritisieren die Fluchtursachen. Wir unterstützen die Integration, wir unterstützen den Abbau von Vorurteilen und Rassismus. Wir unterstützen eine positive Entwicklung im Umgang mit Menschen auf der Flucht – gerade auch als Kreuzberger im Hinblick auf die Geschehnisse um die sogenannten Oranienplatzflüchtlinge. Wir sehen unsere Arbeit kritisch und hinterfragen die Verantwortung der Politik und der Verwaltung unter anderem im Hinblick auf die Einhaltung ihrer Zusagen. Ebenfalls kritisch sehen wir unser eigenes Ehrenamt dabei.
Wer „Kreuzberg hilft“ unterstützen möchte, aber wenig Zeit hat, kann sich mit Geld- oder Sachspenden einbringen. Auch sonst ist jede Art von Hilfe willkommen, von Dolmetschen bis zu Kinderbetreuung. Zur Koordination kann man sich selbstständig in einen Schichtplan eintragen – einfacher geht helfen nicht. Alle Informationen gibt es hier.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-n.jensch@tagesspiegel.de