Nachbarschaft

Veröffentlicht am 05.07.2018 von Nele Jensch

Komi Edzro ist Leiter und Gründer der Initiative Togo Action Plus (ITAP), die sich für Geflüchtete und gegen Rassismus einsetzt. Um Migrant*innen zu stärken, organisiert ITAP Konferenzen, Demos und bietet in Friedrichshain Sprachkurse an.

Eure Initiative heißt „Togo Action Plus“ – welchen Bezug habt Ihr zu dem Land Togo? Togo ist mein Heimatland. Ich wurde dort politisch verfolgt und bin 2003 nach Deutschland geflohen. Mittlerweile gibt es seit 53 Jahren eine Diktatur in Togo. Es passieren tagtäglich schwere Menschenrechtsverletzungen, über die die Medien leider nicht berichten. In Deutschland musste ich lange Zeit im Heim für Geflüchtete in Hohenthurm leben. Die Verhältnisse vor Ort waren sehr schlimm, wir wurden von vielen Seiten rassistisch diskriminiert. In Halle wurde ich mehrmals körperlich und verbal wegen meiner Hautfarbe angegriffen und verletzt. Einer meiner Freunde hat sich im Heim das Leben genommen und daraufhin haben einige Leute und ich 2004 versucht, auf die schlimme Lage von Geflüchteten aufmerksam zu machen. ITAP wurde 2004 gegründet und ist im Jahr 2011 als Verein anerkannt worden. Wir setzen uns für die Rechte politisch verfolgter Menschen und allgemein für Geflüchtete ein.

Togo Action Plus bietet Sprachkurse an und ist politisch aktiv: Unter anderem protestiert Ihr gegen Abschiebungen nach Afghanistan, die Residenzpflicht von Geflüchteten und Rassismus im Allgemeinen. Wie kam es zu diesem breiten Engagement? Ich habe die Initiative mit dem Ziel gegründet, die Rechte von Menschen mit Fluchterfahrung und Migration zu stärken. Das breite Engagement ist mit dem Ziel verbunden, dass alle Menschen die hier herkommen in Frieden und Sicherheit leben können. ITAP möchte mit Sprachkursen, Demos und Konferenzen einen Beitrag dazu leisten. Wir möchten das Füreinander und eine inklusive Gesellschaft fördern. Durch meine eigenen Erfahrungen weiß ich wie stark Rassismus nach wie vor in unserer Gesellschaft ist. Als Initiative haben wir schon viel erreicht, z.B. mit unserem Protest gegen die Residenzpflicht. Residenzpflicht bedeutet, dass es eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit für Geflüchtete gibt. Wir mussten damals Gebühren bezahlen, wenn wir unseren Landkreis verlassen wollten. Durch eine Klage mit meinem Anwalt und viel zivilgesellschaftlichem Protest haben wir erreicht, dass diese Gebühr in ganz Deutschland abgeschafft wurde.

Wer macht bei Euch mit? Der Verein besteht komplett aus ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, besonders viele studieren. Auch berufstätige Menschen machen mit, die sich neben ihrer Arbeit noch für uns einsetzen. Da wir wenig finanzielle Kapazitäten haben, sind wir besonders auf diese ehrenamtliche Form der Mitarbeit angewiesen. Neben den Sprachkursen betreiben wir Öffentlichkeitsarbeit, wie die Vorbereitung und Durchführung und Infoveranstaltungen u.a. zu Asylrecht, Aufenthaltsgesetzen und der Residenzpflicht.

Ihr bietet Deutschkurse in Englisch, Französisch und Spanisch an. An wen richtet sich das Angebot? Das Angebot richtet sich an Menschen mit Fluchterfahrung und Menschen mit Migrationserfahrung. Jeder ist bei uns herzlich willkommen, ob als Schüler*in oder Lehrer*in.

Die Kurse sind mit 50 Euro pro Semester sehr günstig – könnt Ihr Euch von den Gebühren finanzieren oder seid Ihr auf Spenden angewiesen? Die finanziellen Mittel sind sehr begrenzt, deswegen sind wir auf private Spenden angewiesen, um unsere Arbeit weiterhin machen zu können. Wir würden uns sehr freuen, wenn Menschen uns weiter mit einer Spende unterstützen könnten

Eure Kurse werden in Friedrichshain angeboten. Was sind Eure Erfahrungen mit Rassismus im Kiez? Zu Beginn unserer Arbeit haben wir häufig Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Zum Beispiel haben wir in unserem Briefkasten einen Zettel mit der Aufschrift „Friedrichshain bleibt deutsch“ gefunden oder es hat jemand ein Hakenkreuz an unser Türschild gemalt. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und halten alle zusammen.

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-n.jensch@tagesspiegel.de