Nachbarschaft
Veröffentlicht am 20.09.2018 von Corinna von Bodisco

Christoph M. Gosepath beschäftigt sich eingehend mit der Thematik psychischer Erkrankungen – nicht nur, weil er Psychiater ist. Als Künstler leitet er die Gruppe „club tipping point“ und hat zusammen mit dem Regisseur Robert Schmidt das deutsch-tansanische Theaterprojekt „Notaufnahme – Hospitali“ inszeniert. Das Stück ist am 21., 22. und 24.09. im Kreuzberger Projektraum „Vierte Welt“ zu sehen.
Worum geht es in „Notaufnahme – Hospitali“? In unserem Theaterstück wird ganz klassisch die Geschichte einer Ärztin aus Berlin erzählt, die in der Notaufnahme ihres Krankenhauses an den Schwierigkeiten der Behandlung von Menschen aus anderen Kulturkreisen zu verzweifeln droht. Auf einer Reise nach Ost-Afrika erlebt sie dann Begegnungen, aus denen sie lernt.
Für das Stück sind Sie nach Tansania gereist. Ist von der Vor-Ort-Recherche viel in die Theaterarbeit eingeflossen? Sehr viel. Wir haben in Tansania Betroffene, Ärzte und Anthropologen getroffen und viel über den Umgang mit psychischen Erkrankungen gelernt: sowohl über traditionelle Heilmethoden als auch über die Etablierung westlicher Medizin. Vor allem haben wir viel über die Probleme erfahren, vor denen beide Medizinrichtungen stehen: die zunehmende Globalisierung und Verstädterung sowie das hohe Krankheitsaufkommen.
Können Sie als Psychiater einen Zusammenhang von gesellschaftlichen Veränderungen und psychischen Erkrankungen feststellen? Es ist bekannt, dass psychische Erkrankungen in besonders hohem Maße von sozialen Faktoren verursacht und beeinflusst werden. Die westliche akademische Medizin hatte das lange aus den Augen verloren, besonders seit eine Therapie mit Medikamenten möglich ist. Die Therapiemethoden der traditionellen Medizin in Afrika dagegen arbeiten gerade auf dieser Ebene.
Kann Kreuzberg von Tansania etwas lernen? Ja, denn es geht nicht mehr um die Frage, ob die westliche Medizin die bessere Heilmethode ist, sondern wie wir gemeinsam die anstehenden Probleme meistern können. Auch uns betreffen diese großen gesellschaftlichen Veränderungen wie Globalisierung und Vereinsamung. Die Probleme, die sich in zunehmenden psychischen Erkrankungen niederschlagen, sind in Kreuzberg und Neukölln deutlich sichtbar – wie in Afrika auch.
Foto: Bernd Schmidt
Für den 22.09., 20h verlosen wir 1×2 Karten (Prozedere siehe „Kultur“). Und wo ist die „Vierte Welt“? Am Kottbusser Tor. Sie steigen die Treppe zum Café Kotti hinauf, biegen rechts ein, laufen am Wettbüro vorbei, überqueren die Adalbertstraße, treten durch die Gittertür ein und erreichen nach 100 Metern den Projektraum.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: corinna.bodisco@extern.tagesspiegel.de.