Nachbarschaft

Veröffentlicht am 19.11.2020 von Nele Jensch

Ergin Akyüz macht Kreuzberg ein bisschen nachhaltiger: Mit seinem Startup „Aktion U“ verteilt Akyüz kostenlos Papiertüten in Restaurants und Geschäften, damit weniger Plastiktüten genutzt werden. Gleichzeitig können Unternehmen auf den Tüten werben.

Plastik- durch Papiertüten zu ersetzen, ist keine neue Idee im Naturschutz. Warum ist sie trotzdem wichtig? Ich gebe zu, die Idee Plastiktüten durch umweltschonende Papiertüten zu ersetzen, ist keine Neuheit. Allerdings haben wir von Aktion U trotz der vielen Debatten um die Wichtigkeit von Natur und Umweltschutz keinen wirklichen Fortschritt in dieser Richtung gesehen. Anstatt tatsächlich etwas in die Tat umzusetzen, wird nur viel um den heißen Brei herum geredet. Daher dachten wir uns: Nicht beschweren, sondern einfach selber machen!

Aktion U beliefert Geschäfte und Restaurants mit kostenlosen Papiertüten. Wie wird das finanziert?  Es gibt drei Wege, wie sich Aktion U finanziert. Zunächst mal zahlen die Sponsoren – die wir als Unterstützer bezeichnen – für die Abbildung ihrer Logos auf unseren Papiertüten ein gewisses Entgelt. Dieses variiert je nach Größe der gewünschten Fläche auf der Tüte. Pro Auflage bekommen unsere Unterstützer zudem die Möglichkeit, Flyer in jede der 100.000 Papiertüten zu platzieren. Zu guter Letzt bieten wir auch allen anderen die Möglichkeit, Aktion U zu unterstützen, indem sie die QR-Codes nutzen, die auf allen Papiertüten abgebildet sind. Dahinter verstecken sich zahlreiche Aktionen und Rabatte z.B. von Strom- oder DSL-Anbietern. Werden diese Angebote über den QR-Code wahrgenommen, erhält Aktion U eine Provision, die wiederum in die nächste Auflage und somit in unsere Umwelt investiert wird.

Wann ist Aktion U an den Start gegangen und wie ist die Resonanz bisher?  Aktion U ist nach einer sehr langen Projektphase, die circa anderthalb Jahre dauere, am 20. September dieses Jahres an den Start gegangen. Die Resonanz ist überwältigend positiv: Sowohl die unterstützenden Auslegestellen in Kreuzberg als auch alle anderen Sponsoren sind von der Idee und der Umsetzung schlichtweg begeistert. Inzwischen haben wir viele Anfragen weiterer Unternehmen erhalten, zum Teil auch aus anderen Stadtteilen Berlins, die unbedingt mit ihrem Logo auf der nächsten Aktion U-Auflage erscheinen möchten. Auch von unerwarteter Seite ist Aktion U sehr gut aufgenommen worden, zum Beispiel namenhafte Werbeagenturen, die Interesse haben, die Flächen auf den Papiertüten exklusiv zu vermarkten. Diesbezüglich befinden wir uns aktuell noch in Verhandlungen.

Bisher beteiligen sich fast nur Kreuzberger Geschäfte an Aktion U – woran liegt das? „Wenn jeder vor seiner eigenen Tür kehren würde, dann wäre die Welt sauberer“, heißt es. Bei der Gründung von Aktion U haben wir uns diesen Spruch zu Herzen genommen und als Ur-Kreuzberger genau das getan. Bevor man gleich versucht, die Welt zu retten, sollte man erstmal mit etwas Greifbarem und Realistischem anfangen, das man auch tatsächlich umsetzen kann. Mit anderen Worten – ich kehre erst mal vor meiner eigenen Haustür in meinem unmittelbaren Wohnraum. Alles andere ergibt sich dann in kommender Zeit von selbst.

Verdienen Sie selbst überhaupt etwas mit Ihrem Startup bzw. ist das längerfristig ein Ziel? Vergleicht man die unbezahlten Aktion U-Projektstunden und den restlichen damit einhergehenden finanziellen Aufwand mit den Einkünften der ersten Aktion U-Auflage, dann wird ziemlich schnell klar, dass man nicht von einem großen Verdienst sprechen kann. Aber das steht hier auch gar nicht im Fokus. Generell definieren wir unseren Erfolg nicht über die finanziellen Einnahmen, sondern vielmehr über die Tatsache, dass unsere Aktion U-Papiertüten in Kreuzberg rund 100.000 Plastiktüten ersetzt haben. Und das ist erst der Anfang. Denn allein die Anfragen von großen Werbeagenturen spricht für die Qualität von Aktion U.

Mehr über Aktion U erfahren Sie auf der Homepage. Dort erfahren Sie auch, wie Sie selbst Werbeflächen auf den Tüten erwerben oder Flyer Ihres Unternehmens verteilen lassen können.

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: nele.jensch@extern.tagesspiegel.de.