Nachbarschaft

Veröffentlicht am 18.03.2021 von Nele Jensch

Kreuzberg hat ein neues Schmuckstück. Die Künstlerin Katerina Voronina hat die Wand der Gitschiner Straße 64-67 neu gestaltet. Sie wird jetzt von einem Portrait der brasilianischen Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco geziert, die 2018 in ihrer Heimatstadt Rio de Janeiro ermordet wurde.

Katerina Voronina arbeitet schnell. In nur 10 Tagen bemalte sie mit knapp 50 Litern Acrylfarbe die 100 Quadratmeter große Fassade, die von der U-Bahnlinie U1 aus nicht zu übersehen ist. Ihre Arbeit ist die erste „Brave Wall“ von Amnesty International in Deutschland: Mit dem Projekt im Rahmen der „Mut braucht Schutz“-Kampagne will Amnesty International an den Schutz von Menschenrechtler*innen gemahnen. Tag für Tag setzen sich Menschen weltweit für ihre Rechte und die Rechte anderer ein.

Doch wer sich für Menschenrechte engagiert, wird zunehmend diffamiert, überwacht, durch repressive Gesetze an der Arbeit gehindert – manchmal sogar ermordet, wie auch die in der Gitschiner Straße gewürdigte Marielle Franco. Die aus einer Favela stammende Stadträtin in Rio de Janeiro setzte sich für die Rechte von People of Colour, insbesondere für Frauen, ein und prangerte Polizeigewalt an. Am 14. März 2018 wurden sie und ihr Fahrer in ihrem Auto erschossen.

Voronina ist bekannt für ihre markanten Illustrationen von Stadtszenen. Man findet ihre Werke auf den Wänden bei Spielplätzen oder in Cafés, sie werden auch in Magazinen und Büchern weltweit veröffentlicht. Bevor Voronina 2018 nach Berlin kam, arbeitete sie zwei Jahre in Tel Aviv.

Die Künstlerin schließt ihr Projekt hoffnungsvoll ab. „In meinen Werken steht der Mensch im Mittelpunkt. Mit der Realisierung der ‚Brave Wall‘ hatte ich die Möglichkeit, eine besondere und mutige Frau in den Fokus zu rücken. Illustration ist meine Leidenschaft – die damit verbundenen Botschaften sind mir ein besonderes Anliegen.“

Das Urban Nation Museum of Contemporary Art, das das Brave Wall-Projekt begleitet, hat Voronina auch deshalb ausgewählt, weil sie zu mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst beitragen will – denn Künstlerinnen und ihre Werke sind in den Feldern der Zeitgenössischen Kunst und in der Urban Art immer noch unterrepräsentiert. – Foto: Nika Kramer

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: nele.jensch@extern.tagesspiegel.de