Nachbarschaft

Veröffentlicht am 02.09.2021 von Nele Jensch

In den nächsten Wochen stellen wir Ihnen in dieser Rubrik die Spitzenkandidat*innen der Xhainer Parteien für die Bezirkswahl vor. Allen Interviewpartner*innen werden dabei dieselben Fragen gestellt. In der dritten Folge der Reihe beantwortet der Spitzenkandidat der Linken, Olli Nöll, unsere Fragen.

Steckbrief:

Alter: 51
Beruf: Persönlicher Referent des Staatssekretärs für Arbeit und Soziales, Alexander Fischer, Fraktionsvorsitzender in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg seit 2011
Ausbildung: zwei Berufsausbildungen bei der Bundespost bzw. Telekom
Privat: verheiratet und Vater eines 16-jährigen Sohnes

Wie sind Sie zur Politik gekommen? „Mit Beginn meiner Berufsausbildung bin ich der Gewerkschaft beigetreten. Von dort haben mich Kollegen mit zu den Jusos und zur SPD genommen. Das war Ende der 80er sicher kein ganz ungewöhnlicher Weg. Wegen der „Agenda“-Politik habe ich die SPD 2004 verlassen. Danach habe in meiner Heimatstadt zunächst den dortigen Kreisverband der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ mitbegründet, die ja bekanntermaßen schließlich mit der PDS zur Partei DIE LINKE fusioniert ist. Ich bin also quasi mein ganzes Erwachsenenleben Mitglied einer Partei.“

Warum wollen Sie in die Bezirksverordnetenversammlung? „Nun, wenn man schon sehr früh parteipolitisch tätig wird, bleibt man wohl dabei… Nein, Spaß beiseite: Wenn man gerade die Kommunalpolitik als Herzensanliegen entdeckt, kann man sicher auch in den vielfältigen Vereinen, Initiativen und Verbänden tätig sein, die es gerade in Friedrichshain-Kreuzberg in ausreichender Anzahl gibt. Allerdings ist man hierbei häufig auf ein Thema, ein Anliegen oder Ort beschränkt. In einer Partei und Fraktion hat man ja eher einen „generalistischen“ Ansatz und kann auf vielen Feldern tätig sein, um den Bezirk zu gestalten. Genau dies will ich auch in den kommenden fünf Jahren tun. Und wenn die Wähler:innen es so entscheiden, dann nicht nur als Bezirksverordneter, sondern als Bürgermeister unseres schönen Bezirks!“

Warum in Friedrichshain-Kreuzberg? „Ich lebe seit mehr als 12 Jahren in diesem Bezirk und finde es naheliegend, Dinge hier gestalten und verändern zu wollen. Außerdem will ich nicht verschweigen, dass ich zwar nach wie vor auch an meiner Heimstadt hänge, aber aus vollem Herzen zum Friedrichshain-Kreuzberger geworden bin. In der ganzen Republik wird man kaum eine spannendere, buntere und schönere Kommune finden!“

Wohnen Sie zur Miete oder besitzen Sie Wohnraum? „Wir wohnen zur Miete, die im Übrigen viel zu hoch ist. Aber das teilen wir mit vielen Friedrichshainer:innen und Kreuzberger:innen.“

Welches Projekt wollen Sie in der nächsten Legislatur im Bezirk umsetzen? „Es gibt viele Themen, die ich in den kommenden fünf Jahren angehen will. Weiter bezahlbaren Wohnraum sichern, wie das die Linke und die politische Mehrheit in der BVV schon in der jetzt endenden Wahlperiode getan hat. Vielleicht weniger hemdsärmelig und seriöser als es teilweise der Fall war.

Eine sinnvolle Verkehrspolitik mit den Bürger:innen gestalten und nicht gegen große Teile der Anwohner:innen, wie das beispielsweise bei der Sperrung der Krautstraße der Fall gewesen ist. Ich bin zutiefst überzeugt, dass man Verkehrsberuhigung nicht ohne soziale Abfederung und umfassende Einbindung der hier wohnenden Menschen machen kann.

Ein Thema liegt mir besonders am Herzen: Ich möchte im Rahmen der vor kurzem beschlossenen europäischen Strategie und in enger Kooperation mit der Landespolitik in unserem Bezirk die Obdachlosigkeit bis 2030 beenden. Hierzu bedarf es gesetzlicher Grundlagen auf Bundesebene und Unterstützung von der Landesregierung. Aber auch im kommunalpolitischen Rahmen lassen sich Projekte umsetzen. So will ich, dass wir bei der Umsetzung der sogenannten „Safe Places“ (geschützte Plätze für obdachlose Menschen) im Bezirk endlich vorankommen. Alle müssen begreifen, dass Wohnungs- und Obdachlosigkeit die Folge jahrzehntelangen Sozialabbaus und falscher Weichenstellung in der Sozialgesetzgebung und deren Umsetzung ist – das kann man nicht ordnungspolitisch lösen. Hier bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Bund, Land und Kommunen.“

Was finden Sie in Berlin/ in Friedrichshain-Kreuzberg überflüssig? „In einem Wort: MediaSpree. Die Planungsaltlast aus den 90ern beschert uns Bauten, die nicht zu diesem Bezirk passen. Die Spekulanten und Investoren dahinter noch weniger!“

Foto: Ben Gross

 

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