Nachbarschaft
Veröffentlicht am 02.05.2024 von Nele Jensch
Die Möglichkeit der Randbebauung des Tempelhofer Feldes ist so konkret wie nie seit dem Volksentscheid 2008. Die Initiative „Feldmusik 100“ will das verhindern: Sie verbindet Musik und Aktivismus und will Berlins größten Park so erhalten, wie er ist. Hier erzählt Christoph Witt von „Feldmusik 100“, warum das Feld frei bleiben sollte – und was der Karneval der Kulturen damit zu tun hat.
Ab Sonntag gibt es wieder ‚Feldmusik‘ auf dem Tempelhofer Feld. Wie können unsere Leser:innen, die bisher noch nicht dabei waren, sich das vorstellen? „Feldmusik 100 ist der Jour Fixe für Musik und Bürgerbeteiligung von 100% Tempelhofer Feld, jeden ersten Sonntagnachmittag der Sommermonats auf dem Feld, am Haus 104. Man kann sich das als schönen Nachmittag bis zum Sonnenuntergang auf der grünen Wiese vorstellen – ein paar Bands spielen, es gibt Getränke, zwischendurch stellen verschiedene stadtpolitische Initiativen ihre Arbeit vor und es gibt Updates, was ums Tempelhofer Feld los ist und wie man sich einbringen kann.“
Kommenden Sonntag geht die Feldmusik-Saison wieder los; auf wen können sich Besucher:innen freuen? „Dieses Mal werden drei Bands auftreten: The Imaginary Nation, das ist das neue Live-Drum’n’Bass-Projekt des Schlagzeugers von „Beranger“, die Sophie Trost Combo mit Swing und Chanson, und das griechische Jako Organ Trio mit Blues und Motown.“
Wie ist die Idee zur Feldmusik entstanden? „Auf dem Tempelhofer Feld passiert musikalisch so viel! Und auch so viel Musik – von spontanen Raves bis zu den Landebahnkonzerten von Heartbeat of Africa. Aber es ist übers ganze Feld verstreut. Das ist oft ja auch gut so. Aber wir haben gedacht: Wäre es nicht cool, wenn es einen Ort gäbe, über den man weiß: ‚Wenn ich auf dem Feld Musik hören will, kann ich da hingehen, und da wird jemand spielen.‘ So ähnlich wie im Mauerpark – jeden Sonntag. Also haben wir mit Feldmusik angefangen. Immer am gleichen Ort und Tag: Jeder erste Sonntag des Monats, das kann man sich gut merken.“
Was macht das Tempelhofer Feld so einzigartig und anziehend für die Anwohner:innen der angrenzenden Kieze? „Nicht nur für die! Im Durchschnitt kommen 200.000 Menschen pro Woche aufs Feld, 80.000 pro Wochenende, aus ganz Berlin! Alle werden unterschiedliche Antworten auf die Frage geben, was sie am Feld lieben. Das ist das Besondere: Es ist genug Platz, damit alle machen können, was sie wollen, ohne einander zu stören oder dem Umweltschutz in die Quere zu kommen! Und niemand muss etwas bezahlen. Man kann einfach kommen und die Weite und den Freiraum genießen. Wo sonst in der Innenstadt sieht man den Horizont?“
Aktuell wird das Thema Randbebauung wieder stark diskutiert, vergangene Woche startete eine Bürgerbeteiligung dazu. Was haltet ihr von den Plänen des Senats, am Rande des Tempelhofer Feldes Wohnungen zu bauen? „Beim Volksentscheid 2008 haben 1,1 Million Menschen abgestimmt, ob das Feld bebaut werden oder frei bleiben soll, nach fast zwei Jahren öffentlicher Debatte, und 740.000 Stimmen waren für ein freies Feld. Und das will der Senat jetzt in ein paar Monaten nach ein paar Workshops mit 250 ausgewählten Bürgern umwerfen. Das Ergebnis ist vorweggenommen, es soll nur um das Wie einer Bebauung gehen. Es gibt noch nicht einmal ein Konzept, wie diese ausgewählten Bürger darüber informiert werden sollen, was auf dem Feld los ist, wie wertvoll es ist, wie teuer und kompliziert eine Bebauung wäre und ob das allein finanziell Sinn ergäbe. Als Krönung: Die städtebauliche Ausschreibung, die Ende des Jahres veröffentlicht werden soll, muss sich nicht einmal nach den Ergebnissen dieser Workshops richten. Es hat keinerlei Verbindlichkeit. Trotzdem kostet das alles drei Millionen Euro Steuergeld. Und das nennt der Senat ‚Bürgerbeteiligung‘? CDU und SPD wollen anscheinend die Baubegehrlichkeiten ihrer Parteispender aus der Immobilienlobby durchsetzen und Berlin darüber hinwegtäuschen, dass sie dafür einen Volksentscheid brechen.“
Beim Karneval der Kulturen werdet ihr dieses Jahr mit einer eigenen Truppe dabei sein. Könnt ihr bezüglich der Wagen und Kostüme schon ein bisschen spoilern? „Das Tempelhofer Feld ist so konkret in Gefahr, bebaut zu werden, wie noch nie seit dem Volksentscheid. Dagegen bringen wir die Schönheit und Diversität des Feldes beim Karneval der Kulturen auf die Straße – mit Bands von Feldmusik, Skater*innen, Drachen, Vögeln und Tieren! Es gibt in der Umzugsgruppe auch noch Platz: Wer mitmachen will, kann uns eine Email an kdk@thf100.de schreiben. Bei Feldmusik wird es dieses mal auch einen Kostümbauworkshop geben – wenn man uns mailt, besorgen wir das Material und helfen, die Idee umzusetzen!“
- Termine: Kommenden Sonntag, 5. Mai, startet die Feldmusik-Saison um 15 Uhr am Haus 104 (Neuköllner Seite, neben dem Columbiabad). Ab dann gibt es bis einschließlich 6. Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat Musik auf die Ohren.
- Mehr Infos zur Feldmusik gibt es hier.
- Foto: Amaya Kreye