Intro
von Robert Klages
Veröffentlicht am 11.06.2018
Bald ist Fête de la Musique und Lichtenberg steht dieses Jahr im Fokus der Veranstaltung. Im letzten Moment abgesagt hat aber das „Rockhaus“. Hier, in der Buchberger Straße 6, teilen sich über 1000 Musizierende Proberäume, auch gibt es eine Bühne für Konzerte. Eigentlich ein super Ort für abendliches Musizieren bei der Fête. Auf der Liste der Teilnehmenden der Fête steht das Rockhaus auch, zudem wird es im Programmheft als Austragungsort (Sorry, bin bei der Wortwahl schon im WM-Feeling) angekündigt. Aber ein Rechtsstreit kommt dazwischen, der schon jahrelang läuft. Hier nachzulesen, ein Drama frei nach Bertolt Brecht (der sprechenden Namen halber): Eigentümer Shai Scharfstein mit seinem Anwalt Andreas Gemeinhardt wollte Betreiber Dirk Kümmele aus dem Haus haben. Doch dieser gewann vor Gericht. Der derzeitige Vertrag läuft noch bis 2023 – Scharfstein weigert sich bisher aber wohl, darüber hinaus zu verhandelt, sagt Kümmele. Anwalt Gemeinhardt vertritt Scharfstein unterdessen nicht mehr.
Wie ich nun erfahren konnte, wollte Scharfstein Geld von Kümmele haben, wenn er zur Fête eine Veranstaltung macht. Der Eigentümer wollte eine pauschale Gewinnbeteiligung: Wir reden hier von 500 Euro. Da zum Musikfestival alle Künstler*innen ohne Gage auftreten und die Veranstalter*innen keinen Eintritt nehmen, hat das Rockhaus daraufhin die Beteiligung an der Fête abgesagt. Für hausinterne Veranstaltungen darf Kümmele den Konzertsaal untervermieten – stünde so im Mietvertrag, sagt Kümmele. Aber dem Eigentümer geht es, im Fall der Fête, wohl um den Umsatz, den Kümmele mit dem hausinternen Kiosk macht, wo zur Fête Getränke verkauft werden würden. Eine Gewinnbeteiligung des Vermieters sei im Mietvertrag eigentlich nicht vorgesehen, so Kümmele. Trotzdem hat der Betreiber abgesagt zur Fête – vielleicht auch, um einem erneuten Gerichtsstreit aus dem Weg zu gehen. Der diesjährige Kurator der Fête, Björn Döring, hätte das Rockhaus gerne dabei gehabt. Er wohnt selbst in Lichtenberg und freut sich, dass sich die Anzahl der Musikorte zur Fête im Vergleich zum letzten Jahr fast verdoppelt haben – auch ohne das Rockhaus.
Der Wartenberger Hof hingegen nimmt teil an der Fête. Dort hatten sich im April Politiker*innen der AfD getroffen. Auch Björn Höcke (ja, genau der) wurde anlässlich des „Wartenberger Festes“ ins Haus gelassen – was bei vielen Menschen im Bezirk nicht gut ankam. Inhaber Michael Schmidt hat mir gegenüber nun zugesichert, keine AfD-Veranstaltungen mehr in seinem Haus zu dulden. Sollte es Anfragen dieser Art in Zukunft geben, werde er sich bei Bezirksbürger*innenmeister Michael Grunst (Die Linke) melden. Zur Fête wird es hier zwar „Deutschrock“ geben, allerdings keinen Rechtsrock, sondern Schmusepop der Coverband „NaBand“ und den Schunkelmännchen von „Suedpark“.
Fête-Kurator Döring hat kein Problem mit der Teilname des Wartenberger Hofes an der Musikveranstaltung. Er betonte auf Nachfrage, dass die Fête für Offenheit, Toleranz und ein Miteinander stehe. „Verstöße gegen die guten Sitten oder das Grundgesetz haben bei uns keinen Platz – und das unterschreiben auch alle Veranstalter*innen, wenn sie mit uns einen Vertrag über eine Bühnenpartnerschaft schließen.“
Wartenberg-Schmidt gibt an, CDU-Mitglied zu sein. Er habe wohl erst sehr spät erfahren, dass Höcke im April mit von der Partie sein wird. Der Wirt habe halt sein Business gemacht und Geld verdient. Es sei nicht leicht, da hinten, in Hohenschönhausen. Schuld an der AfD seien nicht diejenigen, die sie in ihre Gasthäuser, sondern diejenigen, die sie in die Parlamente gelassen haben. Der Wartenberger Hof wolle eigentlich niemanden ausschließen, auch die AfD nicht, so stehe es ja auch im Grundgesetz. „Demokratisch gesehen“, hält Schmidt es nicht für den richtigen Weg, die AfD nicht mehr in die Räume zu lassen. Trotzdem wird es wohl kein AfD-Treffen mehr bei ihm geben. „Die Antifa“ würde er übrigens auch nicht hereinlassen – sie war auch noch nie dort. Denn diese sei ebenso verwerflich, extremistisch und terroristisch. Diese „Antifa“ wettert unterdessen weiter gegen Schmidt und sein Lokal.
Bezirksparlament und Fête zeitgleich: Am 21. Juni ab 17 Uhr ist übrigens nicht nur Fête de la Musique, sondern auch BVV, die monatlich stattfindende Bezirksverordnetenversammlung, in der über allerlei Anträge diskutiert und teilweise auch entschieden wird. Ich bin ja immer dort – also wohl keine Fête für mich, denn die BVV geht bis mindestens 22 Uhr. Im Anschluss findet sich sicher noch was zum Abrocken, aber es ist trotzdem etwas ärgerlich. Da ist Lichtenberg einmal Fokusbezirk der Fête und dann ist am selben Tag BVV! Auch BM Michael Grunst ist natürlich auf der BVV. Er hatte wohl bei den Parteien und Fraktionen rumgefragt, ob diese verschoben werden soll.
Die Antwort: Lieber Politik als Rock’n’Roll. Schade eigentlich, dass so entschieden wurde. Andererseits wäre es komisch, die BVV für eine Musikveranstaltung zu verschieben. Naja, ich wünsche euch dann schon mal viel Spaß auf der Fête. Was in der BVV so geschehen ist, könnt ihr hier im Newsletter nachlesen.
Robert Klages ist freier Mitarbeiter beim Tagesspiegel. Schreibt ihm bei Anregungen, Kritik, Wünschen, Tipps bitte eine E-Mail an leute-r.klages@tagesspiegel.de. Ansonsten ist er auch auf Facebook, Twitter und Instagram zu finden.