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von Paul Lufter
Veröffentlicht am 03.12.2018
Haben Sie schon Ihren Wunschzettel geschrieben? Vielleicht eine bessere Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, damit Sie weniger mit dem Auto durch die Stadt gurken müssen? Diesen Wunsch hat Fall Bezirksstadträtin Birgit Monteiro (SPD) auf Facebook geäußert (mehr unter „Namen & Neues“). Oder wünschen Sie sich einen Tag der gemeinschaftlichen Entspanntheit, einen Tag, an dem man mit den Menschen in seiner Umgebung zusammenkommt, an dem man über die Straße laufen kann, ohne die Angst, dass man über den Haufen gefahren wird? Dann empfehle ich Ihnen unter der „Nachbarschaft“ das Interview mit David Brocchi, der mit seinem „Tag des guten Lebens“ in Köln bereits eine feste Institution geschaffen hat. 2020 könnte sie auch ihren Weg nach Berlin finden.
Ein ruhigeres Leben wünschen sich wahrscheinlich viele Künstler*innen im Bezirk, jedenfalls, wenn es um ihre Mietverhältnisse geht. So etwa Pierre Granoux, der 2017 aus seinem Atelier- und Ausstellungsraum in Prenzlauer Berg verdrängt wurde und im Mai auch seinen Vertrag in der Herzbergstraße kündigte. Jetzt sitzt er in der Genslerstraße. „Hohenschönhausen wird sexy“, meint Granoux. „Man ist in Berlin, aber man hat Abstand.“ Granoux hat noch Hoffnung, will die Veränderung nutzen und mit ihr arbeiten. Der Optimismus, mit dem er vor 18 Jahren herkam, ist jedoch geschrumpft. Das ausführliche Gespräch vom Kollegen Robert Klages mit Granoux finden Sie auf tagesspiegel.de.
Bezahlbarer Wohnraum passt auch auf die Liste, oder? Aber wo? Vielleicht doch am Ostkreuz. Nachdem in der vergangenen Woche das Thema diskutiert wurde, hat sich jetzt Senatorin Katrin Lompscher (Die Linke) zu dem Thema in einem Brief an die Investoren gewandt und zusätzlichen Wohnungsbau vorgeschlagen. Den Schriftwechsel finden Sie weiter unten bei „Namen & Neues“.
Oder wie wäre es mit sicheren Radwegen? Einer soll an der Siegfriedstraße entstehen, doch davon sind bei Weitem nicht alle begeistert, wie ein Zettel an einer Haustür vor Ort zeigt (hier zu sehen). „Liebe Nachbarn, der Berliner Senat plant auf der Siegfriedstraße beide Parkspuren wegzunehmen“, heißt es dort. Lieferdienste, Taxen, Krankentransporte oder Umzugswagen könnten deshalb in Zukunft dort nicht mehr parken. „Alte Menschen werden diskriminiert!“ Warum man nicht lieber den Bürgersteig nutze und teile, fragt der Zettel vorwurfsvoll.
Die Prioritäten sind hier klar gesetzt, die Argumente wohl bekannt. Dass durch den Fahrradweg Radfahrer*innen geschützt werden, die in Berlin besonders gefährlich leben (sehen Sie sich nur die neuesten Ergebnisse unserer Aktion Radmesser an), scheint nicht zu interessieren. Am Ende steht das Auto in der Hackordnung des öffentlichen Raums an erster Stelle. Wehe dem, der anderes denkt. „Autohasser!“-Rufe, ick hör dir trapsen.
Morgen findet eine Einwohner*innenversammlung statt, um 19 Uhr in der Selma-Lagerlöf-Schule, Rüdigerstraße 76. Die geplanten Radwege werden ein Thema sein. Gucken Sie vorbei, falls Sie in der Gegend wohnen. Spaßig wird es nicht, aber der Dialog muss stattfinden. Berlin braucht sichere Radwege und Platz für alle Verkehrsteilnehmer*innen.
So, genug des Vorspiels. Falls Sie noch überhaupt nicht wissen, was Sie sich zu Weihnachten wünschen, seien Sie beruhigt: Es ist noch ein wenig Zeit.
Paul Lufter ist freier Mitarbeiter beim Tagesspiegel und hat den Großteil seines Lebens in Hohenschönhausen und Lichtenberg verbracht. Fragen, Anregungen, konstruktive Kritik, Wünsche und Tipps bitte an Paul.Lufter@tagesspiegel.de. Ansonsten finden Sie ihn auch auf Twitter.