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von Robert Klages

Veröffentlicht am 05.10.2020

Rechtsextreme, Corona-Skeptiker*innen, Linke: Am Tag der deutschen Einheit demonstrierten verschiedenste Gruppierungen in Berlin. 99 Demos waren ursprünglich für den Samstag angemeldet gewesen, von denen einige aber kurzfristig wieder abgesagt wurden. Hier ein Überblick, der Newsblog zu Demos am Tag der Einheit.

Auf der Karl-Marx-Allee fand der „Arbeitermarsch“ der FDJ und der Revolutionären Front statt. „Wiedervereinigung gab es nie“, rief eine Frau ins Mikrofon, ein Mann mit DDR-Fahne lief vorbei.

„Öffnet die Geldbörsen“ und „vertraut auf uns Erwachsene“ stand auf Flyern der FDJ, die ich zunächst für Satire hielt. Aber die ältere Frau, die mir den Zettel in die Hand drückte, machte deutlich: die meinen das ernst. Die FDJ ruft jährlich am 3. Oktober zur Revolution auf, ich kenne das schon. Ebenso wie die Blicke der Tourist*innen am Strausberger Platz, die dort Pizza essen und nicht ganz wissen, was gerade geschieht, wenn Rotfront und FDJ an der Karl-Marx-Büste vorbei marschieren. Auferstanden aus Ruinen…

Ganz andere Monster der Vergangenheit trafen sich in Lichtenberg. Die Neonazis vom „III. Weg“ versammelten sich am S-Bahnhof Wartenberg. Rund 250 Rechtsextreme aus verschiedenen Bundesländern standen über 1000 Gegendemonstrierenden gegenüber – diese blockierten zunächst auch erfolgreich den Nazi-Umzug, bis Polizeibeamt*innen die Sitzblockade auflösten.

In einem Fahrradkorso fuhren allein über 500 Personen aus der „Innenstadt“ nach Hohenschönhausen, um sich den Nazis in den Weg zu stellen. Zahlreiche Politiker*innen (fast) aller Parteien waren an den Gegenkundgebungen beteiligt. Es war, wie angekündigt, viel los. Kollegin Madlen Haarbach war dabei und hat einige Vorfälle auf ihrem Twitter-Kanal dokumentiert. Fotos aus dem Gemenge und vom „III. Weg“ kommen vom Kollegen Paul Gäbler. Kollege Julius Geiler beschwerte sich über teils sehr aggressive Polizeihunde ohne Maulkorb. Auch die Grünen-Abgeordnete June Tomiak findet, zum Einsatz der Polizei gebe es noch einiges zu klärenJörg Reichel, der Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalist*innen-Union, schreibt auf Twitter, er sei an der Ribnitzer Straße von „Nazisympathisanten“ mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden und habe Prellungen erlitten. Zudem wurden Polizist*innen mit Steinen und Flaschen beworfen.

Robert Klages ist freier Journalist beim Tagesspiegel. Schreibt ihm bei Anregungen, Kritik, Wünschen, Tipps bitte eine E-Mail an leute-r.klages@tagesspiegel.de. Ansonsten ist er auch auf FacebookTwitter und Instagram zu finden. Satirische Kurzgeschichten von ihm könnt ihr auf robert-klages.de lesen.