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von Robert Klages

Veröffentlicht am 22.02.2021

„es ist dies die erste Videokonferenz der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg“, sagte BVV-Vorsitzender Rainer Bosse (Linke) vor Beginn der ersten Videokonferenz der BVV Lichtenberg am Donnerstag, 18. Februar. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer für … aber immerhin hat es funktioniert. Also so halb: Die Kamera zeigte meistens den essenden CDU-Verordneten Pascal Ribble, welcher eigentlich alle politischen Ämter niederlegen will. Die AfD hatte es nicht so mit der Technik und auch andere Verordnete waren plötzlich nicht mehr zu sehen oder zu hören oder nur durch ominöse Klopfzeichen wahrzunehmen. Aber immerhin konnte einiges beschlossen werden – interessant auch, mal einen Blick in die Behausungen der Politiker*innen werfen zu können.

Michael Grunst sprach als erstes nochmal zur Sachbeschädigung am Rathaus. Der Bezirksbürger*innenmeister verurteilte den Farbbeutelanschlag vom 12. Februar erneut. „Das ist nicht hinnehmbar.“ Zum Thema „Evakuierung“ Räumung des Camps von obdachlosen Menschen an der Rummelsburger Bucht vom 5. Februar sprach zu Beginn der BVV auch Stadtrat Kevin Hönicke (SPD): „Das Thema beschäftigt uns hier im Bezirksamt immer noch rund um die Uhr.“

Hönicke dankte den spontan gegen die Räumung Demonstrierenden vom 6. Februar, denn diese hätten darauf aufmerksam gemacht, dass Eigentum der Obdachlosen auf der Fläche zerstört worden war. Im Anschluss habe man dieses Vorgehen unterbinden können. Hönicke dankte wirklich denen, die gegen ihn demonstrierten? Glaubt ihr nicht? Ironie vielleicht? Nein: Hier nochmal bestätigt. Hönicke wurde übrigens von der SPD zum Kandidaten für das Amt des Bezirksbürger*innenmeisters gewählt. Mehr dazu in der Rubrik „Namen und Neues“.

Die Linksfraktion kritisierte die „Räumung“ des Camps an der Bucht: Es habe keine gute Planung gegeben und keine verlässliche Kommunikation mit den obdachlosen Menschen vor Ort. „Es wäre ausreichend Zeit gewesen, mit einem seit Jahren geforderten Konzept, eine menschenwürdige (Auf-)Lösung dieser Situation anzustreben“, schreibt die Linke in einem Dringlichkeitsantrag, der einen Runden Tisch zum Thema Obdachlosigkeit fordert. Der Antrag wurde auch mehrheitlich angenommen. Teilnehmen sollen neben dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg (HVD) und den an der Räumung beteiligten Verein Karuna auch Gangway. Aus letzterem Verein hatten Sozialpädagog*innen die Herangehensweise von Karuna kritisiert.

Ebenfalls beschlossen wurde ein möglicher Ort für einen „Safe Place“. Ein Teil eines Parkplatzes nahe des S-Bahnhofs Lichtenberg soll es werden. Genau hier. In der Umgebung: Eine Cocktailbar und ein Hundeatelier. „Diese Fläche soll für wohnungslose Menschen ein Ort sein, von dem sie nachts nicht vertrieben werden und gleichzeitig eine Betreuung durch sozialpädagogisches Fachpersonal erhalten“, heißt es in einem gemeinsamen Antrag der Linksfraktion und der SPD, der am Donnerstag in der BVV mehrheitlich beschlossen wurde.

Obdachlose Menschen sollen selbst verwaltet leben und sich sicher fühlen können. Hier mehr dazu. Toiletten und Müllcontainer sollen aufgestellt werden. Ansonsten ist der Begriff „Safe Places“ noch recht vage, auch eine Definition der Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) lässt vieles offen: Wie genau wird dort gelebt, wird es Tiny Houses geben? Sind Drogen und Hunde erlaubt? Wie viele Personen sind zugelassen? Zudem muss der Ort freigegeben werden, die Zuständigkeit soll im Bezirksamt erst noch verteilt werden.

Immerhin ein Anfang für einen „Safe Place“ ist gemacht. Nach der Räumung der Bucht wurde einiges in Gang gesetzt, um den Umgang mit Obdachlosigkeit anders, womöglich besser, anzugehen. Was sonst noch so in der BVV beschlossen und besprochen wurde, gibt es in der Rubrik „Namen und Neues“ zu lesen. Zudem erfahren wir, was anstelle des Obdachlosenlagers entstehen soll.

Robert Klages ist freier Journalist beim Tagesspiegel. Schreiben Sie ihm bei Anregungen, Kritik, Wünschen, Tipps bitte eine E-Mail an leute-r.klages@tagesspiegel.de. Ansonsten ist er auch auf FacebookTwitter und Instagram zu finden. Satirische Kurzgeschichten von ihm können Sie auf robert-klages.de lesen.