Intro
von Masha Slawinski
Veröffentlicht am 09.08.2021
„can we breathe or is it too much to ask?“. Das fragte vergangene Woche Künstler*in Toto Stoffels bei Instagram. Stoffels aß laut eigener Angaben auf einer Bank in Fennpfuhl Wassermelone, als ein Mann Stoffels queerfeindlich beleidigte und mit einer Waffe bedrohte. Stoffels rannte weg und verständigte die Polizei. Stoffels ist nichtbinär, identifiziert sich also weder als männlich oder weiblich. Deswegen referiere ich auf Stoffels in diesem Newsletter mit dem Pronomen „xier“.
Bei „xier“ handelt es sich um ein geschlechtsneutrales Pronomen, das bereits gelegentlich in Presseberichten über nichtbinäre Personen verwendet wird. Entwickelt wurde es von der Comic-Zeichnerin Illi Anna Heger. „Xier“ steht dabei anstelle von „sie“ und „er“.
Die Zahl der Angriffe auf Mitglieder der LGBTQI*-Community ist erschreckend hoch. Allein 2020 zählte das Anti-Gewalt-Projekt Maneo 510 Übergriffe. Also mindestens ein Übergriff pro Tag. Laut Maneo handelte es sich bei dem Angriff auf Stoffels um den elften Übergriff gegen LGBTQI*-Personen, der in den vergangenen vier Wochen öffentlich gemacht wurde (Anm. d. Red. „LGBTI*“ ist die Abkürzung für die Wörter lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell/transgender und intersexuell. Das Gendersternchen ist ein Platzhalter für weitere, vielfältige Identitäten, die nicht im Akronym aufgeführt werden. Siehe auch Queer-Lexikon, Tagesspiegel).
Außerdem gab es am Wochenende mehrere Übergriffe auf Wahlhelfende. Ein Ehrenamtlicher der Grünen soll gegenüber vom Final-Bistro in der Pfarrstraße ein Plakat befestigt haben, als zwei Männer, die vor dem Bistro saßen und Bier tranken ihn aufforderten, damit aufzuhören. Der Ehrenamtliche ging weiter und ließ das halb befestigte Plakat zurück.
Kurz darauf lief ein weiterer Ehrenamtlicher, Fabio Scharfenberg, am Bistro vorbei und sprach die Männer auf das nur halb befestigte Grünen-Plakat an. „Bürschchen, du gehst jetzt direkt weiter“, soll einer der Männer ihm geantwortet haben. Als er sich weigerte, griff ihn einer der Männer aus dem Augenwinkel mit einer Bierflasche an, traf ihn an der Lippe und verpasste ihm eine Platzwunde.
Als er wegrannte, verfolgte ihn der Mann noch kurze Zeit mit der abgebrochenen Bierflasche. Scharfenberg konnte ihn mit der Leiter, die er bei sich trug ein wenig wegdrücken. Erst als er die anderen Wahlhelfer*innen erreichte, entfernte sich der Mann. Scharfenberg verständigte die Polizei und alarmierte einen Rettungswagen. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz.
„Wir erleben leider immer häufiger verbale Attacken und Bedrohungen – es wird rauer für Menschen, die sich politisch engagieren und das in den meisten Fällen ehrenamtlich tun. Wir lassen uns durch solche Angriffe nicht einschüchtern, das hat auch Fabio Scharfenberg gezeigt, der am Tag nach der Attacke wieder mit uns Plakate aufgehängt hat“, heißt es in einem Statement von Philipp Ahrens, Kreisvorsitzender der Grünen. Es wäre ein Angriff auf alle Menschen, die sich in Parteien für die Demokratie engagieren.
- Masha Slawinski ist Newsletter-Autorin beim Tagesspiegel. Sie freut sich über Kritik, Anregungen und Tipps bei Twitter oder per E-Mail.
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