Intro

von Robert Klages

Veröffentlicht am 21.11.2022

„Im Ilsekiez entscheidet sich die Frage, wie Berlin Stadt gestalten möchte“, sagte Lichtenbergs Bürger:innenmeister Michael Grunst (Linke) am Donnerstag. In der Ilsestraße, Ortsteil Karlshorst, möchte die Howoge über 200 Wohnungen, Gewerbe, eine Schule und eine Kita errichten. Eine Anwohner:innen-Initiative kämpft seit 2016 für den Erhalt ihrer grünen Innenhöfe, die einer Bebauung zum Opfer fallen würden.

Ebenso versucht der Bezirk, die Pläne der Stadt zu verhindern und protestiert gegen die Bebauungspläne – kann allerdings nicht mehr viel machen. Wenn der Senat bauen will, wird gebaut. Die Machtlosigkeit erzeugte Missmut bei den Bezirkspolitiker:innen:

„Die Demokratie hat verloren. Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen“, sagt Christian Petermann (Linke). „Das von den Lichtenberger:innen gewählte Bezirksamt hat es nicht geschafft, die Bebauung zu verhindern und kann so gut wie nichts mehr machen. Es zeigt sich hier auch, wie wenig der Bezirk über den eigenen Raum bestimmen kann. Wenn der Senat es so will, wird gebaut.“

In den letzten sechs Jahren stand das Thema Ilsekiez in der BVV 25 Mal auf der Tagesordnung. „Die jahrelangen Anstrengungen des Bezirks wurden durch einen Federstrich des Senats zunichte gemacht“, teilte Benjamin Hudler (CDU) mit. „Wir sind ja immerhin gewählte Vertreter des Volkes.“ Niemand stelle infrage, dass bezahlbarer Wohnraum entstehen müsse. „Aber man sollte fragen: Wie werden wir nachhaltiger bei der Bebauung?“

Gleichzeitig werden Schuldige gesucht. Warum konnte der Bezirk keinen Bebauungsplan erstellen, der die grünen Innenhöfe schützt? Letzte Woche bekam Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) die Wut darüber ab, dass sein B-Plan-Entwurf vom Senat abgelehnt wurde.

Antonio Leonhardt (Linke) wirft Hönicke eine Verschleppungstaktik vor, um die Bebauung durchzubringen. „Wie Sie am laufenden Band tricksen, täuschen und mit Fake News um sich werfen, schadet dem Bezirk“, sagte Leonhardt in Richtung Hönicke. Er könne dem Baustadtrat nicht mehr glauben und zweifele an dessen Integrität.

„Wir schauen auf mehrere Jahre des Verschleppens zurück“, sagt Daniela Ehlers von den Grünen. Im November 2021 habe Hönicke „vergessen“, das Thema Ilsekiez auf die Tagesordnung zu bringen. Sie spricht von einer scheinheiligen Inszenierung. Wollte Hönicke von vornherein eine Bebauung im Ilsekiez durchbringen?

Die Grünen haben Akteneinsicht zu dem Fall genommen. Diese ergab, dass Stadtrat Hönicke 2020 von seinem Amt vorgeschlagen wurde, den Bebauungsplan, der die Innenhöfe schützen soll, zu priorisieren – er diese Priorisierung jedoch mit dem Verweis auf Wohnungsbau ablehnte.

Hönicke entgegnet, sein Plan sei „immer und zu jeder Zeit“ gewesen, die Innenhöfe zu schützen. Er gibt zu, die Priorität verschoben zu haben. Er habe den Zeitplan allerdings immer wieder in den bezirklichen Ausschüssen vorgelegt und es sei nie Kritik gekommen. „Es waren alle der Meinung, dass der Zeitplan passt.“ Nun scheint es zunächst zu spät zu sein für die Innenhöfe im Ilsekiez – es bleibt abzuwarten, ob die Howoge sofort mit den Bauvorbereitungen beginnt und was der Bezirk nach der Wahlwiederholung beim Berliner Senat erreichen kann. Denn das Bezirksamt kündigte an, beim Senat eine Gesellschafterentscheidung gegen eine Bebauung zu erwirken. Aber erstmal muss erneut gewählt werden, mehr dazu und wie die Vorbereitungen im Bezirk laufen, lest ihr in der Rubrik „Namen und Neues“.