Intro

von Robert Klages

Veröffentlicht am 18.09.2023

die Oberseeschule könnte als die Schule in Lichtenberg in die Geschichte eingehen, über die am meisten gesprochen wurde. Zumindest fühlt es sich derzeit so an, als sei sie weiterhin das Thema Nummer eins in der Bezirkspolitik. Es geht darum, ob der Pausenhof der Schule mit einem Modularen Ergänzungsbau (MEB) für über 160 neue Schüler:innen bebaut wird.

Die Fronten sind klar: SPD, Linke, Grüne dafür, CDU dagegen. Die CDU hatte sogar schon den Stopp des MEBs eigenmächtig verkündet, immerhin stellt die Partei mit Catrin Gocksch derzeit die Schulstadträtin. Dagegen befürwortet die CDU-geführte Senatsschulverwaltung den Bau. Der von Gocksch entwickelte „5-Punkte-Plan“ zur Schaffung von Schulplätzen ohne den MEB an der Oberseeschule stößt nicht nur beim Senat auf Ablehnung, sondern in der Bezirksverordnetenversammlung. Der Streit eskalierte derart, dass die CDU sogar die Zählgemeinschaft mit SPD und Grünen im Bezirk für beendet erklärte –mehr ein symbolischer Akt, der aber zeigt, wie stark die Parteien bei diesem Thema zerstritten sind.

Stand derzeit: Der MEB kommt. Wann genau und wie genau steht noch nicht fest. Das Bezirksamt hat sich nun in einer offiziellen Mitteilung erneut für den Bau ausgesprochen, dieser sei ja ohnehin bereits beschlossen worden und es mangele an Alternativen. Zum Bezirksamt gehören neben Bürger:innenmeister Martin Schaefer (CDU) die Stadträt:innen.

„Das Bezirksamt bedauert die aktuellen, teils sehr emotionalen Diskussionen zur Schulplatzsituation“, heißt es in der Mitteilung. „Die Missstimmungen in der Elternschaft und Schulgemeinschaft, aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung, waren und sind nicht gewollt.“ Der „5-Punkte-Plan“ von Gocksch sei eher als Idee eingebracht worden, nicht als Beschlussvorlage der Stadträtin.

Die Stadträtin ist derzeit im Urlaub. Seit ihrem Amtsantritt im April hat sich Gocksch weder selbst öffentlich zu diesem Thema geäußert, noch auf Anfragen des Tagesspiegels reagiert. Nur einmal hieß es aus ihrem Büro, die Stadträtin werde in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Rede und Antwort stehen – danach war sie jedoch kurzfristig erkrankt. Auch vorher hatte der CDU-Bezirkschef und Abgeordnete Martin Pätzold in ihrem Namen gesprochen. Es gibt nicht wenige im Bezirk, die meinen, Gocksch denke darüber nach, ihr Amt niederzulegen. Vielleicht erfahren wir dazu nach ihrem Urlaub mehr. Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) vertritt Gocksch derzeit. Er schrieb bereits auf „X“, dass er sich nicht an Spekulationen beteilige, wonach Gocksch das Ressort Gesundheit von den Linken bekommen und Linken-Stadträtin Camilla Schuler dann das Ressort Schule übernehmen könnte.

Und was sagt die Schulleitung der Oberseeschule? Konrektorin Kerstin Hampeis, die die Schule seit Januar allein leitet, schrieb dem Tagesspiegel, dass der Wirbel um ihre Schule täglich alle beschäftige. Es werde viel diskutiert und es sei nicht einfach, einen geregelten Schulablauf zu garantieren. Einige Eltern von anderen Schulen kritisierten und beschimpften die Oberseeschule öffentlich dafür, dass sie nicht bereitwillig den MEB annehme. Das habe sie schockiert und enttäuscht, so Hampeis. Zudem erschienen zahlreiche Eltern und ihre Kinder zu einer BVV und forderten von der Bezirkspolitik, den MEB endlich zu bauen, damit ihre Schulen entlastet werden könnten.

Natürlich möchte die Schule nur ungern, dass ihr Innenhof zerstört, über 60 Bäume gefällt und ein großer Holzklotz sowie 160 neue Schüler:innen dort platziert werden. Hampeis findet es schade, dass sich niemand aus der Politik die Bedingungen vor Ort anschaue, wie klein der Pausenhof sei (Der Tagesspiegel war 2022 vor Ort, hier der Bericht). Der MEB würde den Hof auf ein Minimum reduzieren, so Hampeis weiter. „Kein Kind, kein Elternhaus der anderen Schulen würde die dann neuen Lernbedingungen für ihre Kinder akzeptieren“, ist sich die Konrektorin sicher. In den anderen Schulen seien viel mehr Kinder, aber dafür gebe es große Turnhallen, Sportplätze und Schulhöfe.

Dabei liegt die Lösung eigentlich sehr nah: Auf der anderen Straßenseite steht seit 2007 ein Gebäude leer, das früher mal als Hort für die Schule diente. Die Oberseeschule schlägt seit Jahren vor, zumindest das Gelände erneut zu verwenden, so brauchte es keinen MEB auf dem Pausenhof. „Es ist schade, dass keine Möglichkeit besteht, dieses große Gelände mit einem passenden Haus mit Unterrichtsräumen zu bebauen“, findet Hampeis. Eine andere Idee wäre, dort eine Sporthalle zu errichten und die bisherige zu einem Lerngebäude umzubauen – dann wäre der MEB vielleicht nicht mehr nötig.

Stadtrat Hönicke teilte allerdings mit, es sei nicht möglich, hier zu bauen, zumindest nicht so, wie Gocksch es in ihrem 5-Punkte-Plan vorschlug. Dies sei bereits geprüft worden: Die Einrichtung einer Einfeldsporthalle mit Abmessungen gemäß Musterraumprogramm sei dort nicht zulässig aufgrund des Planungsrechts. Das Musterraumprogramm legt die Anforderungen für die Errichtung oder den Ausbau von Schulgebäuden fest. In diesem Fall wäre der anvisierte Bau von der CDU, laut Hönicke, zu groß für die Fläche.

Hönicke ergänzt: „Eine kleinere Halle, also eingeschossig und kleiner als das Musterraumprogramm, ginge vor Ort.“ Nun fragen sich viele, nicht nur die CDU, warum dieses Areal nicht in irgendeiner Weise genutzt werden kann, sondern weiterhin brachliegt.

Übrigens befindet sich hinter der Oberseeschule ein Friedhof sowie eine Kleingartenanlage. Viele fragen sich auch hier, warum diese Flächen nicht ein Stück weit für die Schule ertüchtigt werden können. Neben dem Schulhof befinden sich keine Gräber: Es ist eine freie Rasenfläche des Friedhofs. Und auch die Kleingärten könnten in Betracht gezogen werden.

Nachverdichtung ist nicht nur ein Thema in der Oberseeschule. Auch das Barnim-Gymnasium an der Ahrensfelder Chaussee 41 bekommt einen Modularen Ergänzungsbau: 22 neue Klassenräume, 340 neue Schulplätze auf vier Etagen für 13 Millionen Euro. Einweihung war am Freitag im Beisein von Bezirksbürger:innenmeister Schaefer und Baustadtrat Hönicke, der sagte: „Der Ergänzungsbau zeigt, dass Lichtenberg in der Lage ist, auch bei großer Flächenkonkurrenz der Bevölkerungsentwicklung gerecht zu werden. Er nutzt den vorhanden Raum nach neuesten Standards optimal aus.“

Das Barnim-Gymnasium in Falkenberg ist aktuell mit 1070 Schüler:innen eines der größten Gymnasien Berlins und das größte im Bezirk. Es wurde 1998 errichtet und verfügt über zwei Sporthallen auf einem insgesamt 37.000 Quadratmeter großen Grundstück.